Kinesiologie

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1. Definition

Kinesiologie ist ein komplementäres Therapieverfahren, das auf speziellen Muskeltests beruht. Mit deren Hilfe sollen energetische Ungleichgewichte im Körper erkannt und geeignete Therapieansätze gefunden werden, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. In der Methode sind verschiedene asiatische und westliche Heilmethoden vereint. Die Kinesiologie sieht sich als Methode, die den Menschen in seiner «Ganzheitlichkeit» wahrnimmt. Im Vordergrund steht nicht die Symptombekämpfung, sondern Erkenntnis von Zusammenhängen zwischen belastenden Persönlichkeitsmustern und bestimmten Leiden.

2. Philosophie

Der Begriff Kinesiologie stammt aus dem Griechischen und bedeutet «Lehre der Bewegung» (Kinesis = Bewegung / logos = Lehre). Diese Therapieform wurde in den 1960er-Jahren vom amerikanischen Chiropraktor George Goodheart entwickelt. Seiner Ansicht nach ist das muskuläre Gleichgewicht eine wichtige Voraussetzung für die optimale Funktion der Organe. Jeder Muskel steht mit einem Meridian (Akupunktur) und einem bestimmten Körperorgan in Verbindung. Der Theorie nach weist eine Muskelschwäche auf einen Energiestau oder eine Energieleere der Körpersysteme hin, die mit einem Muskel in Beziehung stehen. In der Folge können gesundheitliche Probleme wie Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder psychosomatische Beschwerden auftreten.

Laut Goodheart wird eine Verkrampfung des Muskels häufig durch eine Schwäche seines muskulären «Gegenspielers» ausgelöst. Damit sich ein verkrampfter Muskel entspannen kann, muss folglich zuerst der «Gegenmuskel» gestärkt werden.

Methodik
Das wichtigste Arbeitsinstrument der Kinesiologen sind spezielle Muskeltests. Damit soll festgestellt werden, ob im Energiesystem des Körpers ein Ungleichgewicht besteht. Der Kinesiologe übt leichten, gezielten Druck auf Muskeln oder Muskelgruppen aus. Ein Muskel im energetischen Gleichgewicht kann diesem Druck standhalten. Ein energetisch blockierter Muskel gibt dem Druck nach oder muss zu viel Kraft einsetzen, um dem Druck Stand zu halten. Mithilfe des Muskeltests wird auch ersichtlich, wie die blockierte Energie am besten wieder zum Fliessen gebracht wird. Dafür stehen verschiedene Techniken zur Verfügung:

  • Stimulation von spezifischen Reflexpunkten

  • Massage von Muskelansatz

  • Entspannungstechniken

  • Ernährungsempfehlungen

  • Bewegung

  • Anwendung von alternativmedizinischen Heilmitteln

3. Plausibilität des Konzepts

Kinesiologie basiert auf einer Synthese aus der traditionellen chinesischen Medizin und Erkenntnissen aus den Bereichen Naturwissenschaft und Psychologie. Der objektive Ansatz des westlichen Wissenschafts-Modelles hat bis heute noch wenig Zugang zu den eher subjektiven Ansätzen wie der traditionellen chinesischen Medizin. Somit lässt sich die Kinesiologie schwer in das aktuelle westliche Wissenschaftsmodell einordnen.

4. Belege für die Wirksamkeit

Skeptiker begründen medizinische Erfolge mit suggestiven Einflüssen der Therapeuten und dem viel zitierten Placeboeffekt. Wie auch bei vielen anderen Methoden ist deren Wirksamkeit mitunter eine «Glaubensfrage». In bisher allen nach klassischen, wissenschaftlichen Kriterien durchgeführten Untersuchungen hat sich der Muskeltest als unbrauchbar erwiesen. Aus medizinischer Sichtweise lassen sich keine Rückschlüsse auf innere Krankheiten oder psychische Störungen ziehen.

Aus erfahrungsmedizinischer Sicht wird Kinesiologie einerseits als Gesundheitsvorsorge, andererseits auch bei allen krankheitsbedingten, energetischen Ungleichgewichten erfolgreich eingesetzt. Aus einer ganzheitlichen Sichtweise kann die Funktion des Muskeltests nicht mit klassischen wissenschaftlichen Tests beurteilt werden, da die Testresultate subjektiv und von der aktuellen Situation abhängig sind.

5. Anwendung

Kinesiologie dient in erster Linie dazu, die Gesundheit zu fördern und zu erhalten. Heilungsprozesse können günstig beeinflusst werden, wenn durch blockierte Energien körperliche Beschwerden aufgetreten sind. Dies sind zum Beispiel:

Ein besonderes Anwendungsgebiet der Kinesiologie ist die Anregung von geistigen Fähigkeiten (Edu-Kinestetik). Sie fördert das persönliche Lernpotenzial unter anderem bei:

  • Konzentrationsstörungen

  • Gedächtnisschwäche

  • Prüfungsstress

  • Lese- und Rechtschreibschwäche

  • Hyperaktivität

6. Selbstbehandlung

Für den «Hausgebrauch» werden Grundkurse angeboten, in denen einfache Techniken vermittelt werden. Diese unterstützen die kinesiologische Behandlung.

7. Anwender und ihre Ausbildung

Die Mitgliedschaft im Schweizer Berufsverband für Kinesiologen (KineSuisse) setzt unter anderem eine Ausbildung von fünfhundert Stunden Kinesiologie sowie 350 Stunden schulmedizinischen Grundlagen voraus. Die Mitgliedschaft des KineSuisse führt entweder über eine mit Kinesiologieschulen gemeinsam durchgeführte AG-Q Abschlussprüfung, eine Verbandsprüfung oder ein AG-Q-Gleichwertigkeitsverfahren (AG-Q = Arbeitsgemeinschaft Qualitätssicherung).

8. Behandlung und Ablauf

Zu Beginn wird ein eingehendes Erstgespräch geführt. Dem Kunden werden Fragen über den Grund des Kommens und das Befinden gestellt. Anschliessend erfolgt der Muskeltest. Dieser wird je nach Situation im Sitzen, Liegen oder Stehen durchgeführt. Anhand des Muskeltests können Erkenntnisse zu Zusammenhängen zwischen belastenden Persönlichkeitsmustern und bestimmten Leiden gewonnen sowie geeignete Behandlungsformen ausgetestet werden. Der Test an sich ist jedoch nur ein Bestandteil der Therapie. Die weiteren Behandlungsformen sind sehr vielseitig und können kombiniert eingesetzt werden. Beispiele sind:

Bei Bedarf sucht der Klient gemeinsam mit dem Kinesiologen Übungen aus, die er auch zu Hause regelmässig durchführen kann. Dadurch sollen sich die Veränderungen festigen, die durch die Einzelsitzungen erreicht wurden. In der Regel werden drei bis fünf Einzelsitzungen im Abstand von einer Woche bis einem Monat besucht. Eine Sitzung dauert bei Erwachsenen rund eine Stunde. Aufgrund der gewonnenen Einsichten und Erfahrungen wird die Behandlung dabei im individuellen Tempo des Klienten weitergeführt.

9. Grenzen und Risiken

Kinesiologische Sitzungen können bei ernsthaften Beschwerden eine Abklärung durch den Arzt nicht ersetzen. Sie können notwendige schul- und/oder alternativmedizinische Massnahmen lediglich unterstützen.

Nebenwirkungen
Bei dieser Methode sind keine Nebenwirkungen bekannt.

10. Praktische Tipps

Wenn Sie sich durch bestimmte Umstände belastet fühlen, legen Sie eine Hand auf die Stirn und entspannen Sie sich. Gehen Sie gedanklich die verschiedenen Facetten der Situation durch, ohne dabei nach Lösungen zu suchen. Mit dieser Übung lassen sich durch Berühren der Akupressurpunkte im Stirnbereich akute Belastungen abbauen. Der energetische Ausgleich wird unterstützt.

11. Zahlt die Krankenkasse?

Viele Krankenkassen leisten einen Beitrag an die Behandlungskosten im Rahmen ihrer Zusatzversicherungen, sofern Therapeuten anerkannt sind. Nähere Informationen erhalten Sie direkt bei Ihrer Krankenkasse.

Autor und Redaktion: Didier Buchmann
Quellen
  • Urs Gruber: «Naturheilkunde», Beobachter Gesundheit, 2001

  • Krista Federspiel und Vera Herbst: «Die Andere Medizin», Stiftung Warentest 2005

  • Silvia Keberle, Eva Ebnöther: «Meine Gesundheit», Documed 1999

  • «Alternative Heilmethoden», Pulstipp Ratgeber, 2004

  • emr.ch

  • Berufsverband für Kinesiologie, kinesuisse.ch

  • Isa Grüber «Praxisbuch Kinesiologie», , südwest-Verlag 2004