Würzen für die Gesundheit
Scharfe Gewürze wie Chili, Senf und Pfeffer heizen uns ganz schön ein. Doch die Scharfmacher eignen sich auch hervorragend zur Gesundheitsvorsorge.
Folgende Themen werden in diesem Artikel behandelt
Scharfes ist gesund: So ist beispielsweise Capsaicin, das aus Paprika- und Chili-Pflanzen gewonnen wird, zwar höllisch scharf, aber nicht nur. Bekannt sind auch seine schmerzlindernden und durchblutungsfördernden Eigenschaften. Die Substanz Capsaicin findet sich vor allem in den Samen der Chilifrucht und ist so scharf, dass man ein Gramm davon in 10'000 Litern Wasser immer noch schmecken würde.
Längst ist bekannt, dass Gewürze nicht nur gut schmecken, sondern auch der Gesundheit zuträglich sind. Pflanzliche Nahrungsmittel enthalten generell viele Vitamine und Mineralien, aber zusätzlich eine Reihe weiterer gesundheitsfördernder Substanzen wie Flavonoide, Saponine, Polyphenole, Phytoöstrogene, Terpene, Tannine oder Tocotrienole. Sie dienen den Pflanzen unter anderem als Farb-, Duft- und Aromastoffe sowie als Abwehrstoffe gegen Schädlinge und Krankheiten. Diese Inhaltsstoffe werden als sekundäre Pflanzenstoffe bezeichnet.
Gewürze als Phytopharmaka
Manche Gewürzpflanzen bilden die Ausgangsbasis für sogenannte Phytopharmaka, wie der Fachbegriff für pflanzliche Medikamente lautet. Dabei werden aus den Drogen, wie die getrockneten Pflanzen oder Pflanzenteile genannt werden, Arzneien wie Dragees, Tinkturen oder Extrakte hergestellt. Bekannte Gewürzarzneien sind zum Beispiel:
Knoblauchpillen gegen überhöhte Blutfettwerte
Aniskapseln gegen krampfartigen Husten
Schwarzkümmelöl-Kapseln gegen Verdauungsbeschwerden
Drogist Stephan Vögeli: «Solch bioaktive Substanzen wirken beispielsweise verdauungsfördernd, stoffwechselanregend, cholesterinsenkend, keimtötend, entzündungshemmend, immunmodulierend, blutdruckregulierend oder blutzuckersenkend.» In Gewürzen entfalten einzelne Pflanzeninhaltsstoffe ihre Wirkung nicht isoliert, sondern im Zusammenspiel mit zahlreichen anderen Bestandteilen. Und dieses komplexe Zusammenwirken wurde von der Forschung noch nicht vollständig entschlüsselt. Die pharmazeutische Wissenschaft hofft, aus sekundären Pflanzeninhaltsstoffen dereinst neuartige Medikamente gegen verbreitete Zivilisationskrankheiten entwickeln zu können.
Mit Scharfem gegen Schmerzen
Ob gegen Verdauungsbeschwerden, Rückenschmerzen oder Kopfweh – Gewürze können kraftvolle Heilmittel sein. Bei der Verwendung entsprechender Präparate ist deshalb Vorsicht geboten. «Wärmende Salben und Pflaster», sagt Vögeli, «können die Haut reizen und sind für Kinder meist ungeeignet.» Altbewährte Hausmittel wie Senfkompressen oder Zwiebelwickel werden auch heute noch gerne eingesetzt, trotzdem gelte es, sich zu überlegen oder zu testen, was einem guttut. «Während eine Person Hitze als angenehm empfindet, lindert bei einer anderen Kälte den Schmerz besser.» Wer mit Gewürzen nicht nur das Essen verfeinern, sondern die Schärfe gezielt auch zur Unterstützung der Gesundheit einsetzen will, findet in der Drogerie eine Vielzahl bewährter Präparate.
- Cayennepfeffer
Stammpflanze: Capsicum frutescens
Familie: Nachtschattengewächse
Gebräuchliche Bezeichnungen: Chili, Paprika, Pfefferschoten, Pimento, Beissbeere
Anwendungsform:
Capsaicin als Inhaltsstoff von wärmenden Pflastern und Salben
Wirkung: Capsaicin fördert die Durchblutung und ist schmerzlindernd, die wärmenden Salben und Pflaster helfen bei Rückenschmerzen, Verspannungen, Muskelkater und rheumatischen Beschwerden. Des Weiteren wird Capsicum eine verdauungsfördernde und stimmungsaufhellende Wirkung zugesprochen, es wirkt antiviral und antibakteriell. In der Homöopathie wird Capsicum als Konstitutionsmittel eingesetzt, ebenso bei lockerer Gewebebildung, Schwäche, verringerter vitaler Wärme, Trägheit, Kälte und mangelnder Reaktionsfähigkeit.
Achtung! Nach dem Auftragen von Salben sofort gründlich die Hände waschen, denn sonst könnte das beiläufige Reiben der Augen schlimme Folgen haben.
- Ingwer
Stammpflanze Zingiber officinale
Familie Ingwergewächse
Gebräuchliche Bezeichnungen Ingwer, Immerwurzel, Schnapswurzel
Anwendungsformen:
Frisches Rhizom
Ätherisches Öl
Getrocknet
Kandiert
In Essig oder Sirup eingelegt
Wirkung: Im Ayurveda wird Ingwer als die universale Medizin bezeichnet, da er gegen viele Beschwerden hilft: Migräne, Blähungen, Brechreiz, Übelkeit (auch bei Schwangeren), Reisekrankheit. Er kann auch gegen Husten, Erkältungen und Grippe sowie bei rheumatischen Beschwerden eingesetzt werden und wirkt fiebersenkend. In der Homöopathie wird Ingwer gegen Magenschwäche, Verdauungsbeschwerden, Blähungen und Bronchialasthma eingesetzt. Als Tee oder Tinktur hilft Ingwerwurzel generell gegen Magenbeschwerden und Appetitlosigkeit.
- Meerrettich
Stammpflanze: Armoracia rusticana
Familie: Kreuzblütengewächse
Gebräuchliche Bezeichnungen: Meerrettich, Bauernsenf, Pfefferwurzel
Anwendungsformen:
Geriebene frische Wurzel
Pulver der getrockneten Wurzel
Wurzelpaste
Frische junge Blätter
Wirkung: Appetitanregend und verdauungsfördernd. Innerlich angewendet, stärkt er generell das Immunsystem und wirkt bei Erkältungen und bei Infektionen der ableitenden Harnwege. Äusserlich angewendet, entspannt er bei Muskelschmerzen. Bereits das Reiben der Meerrettichwurzel stellt eine Art Therapie für die Nasennebenhöhlen dar, denn die ätherischen Öle steigen scharf auf und reizen zu Tränen und Sekretion aus den Nasenschleimhäuten.
- Pfeffer
Stammpflanze: Piper nigrum
Familie: Pfeffergewächse
Gebräuchliche Bezeichnungen: Grüner, schwarzer odr weisser Pfeffer, Pfefferkorn
Anwendungsformen:
Getrocknete Pfefferkörner, ganz, zerstossen oder gemahlen
Ganze frische oder eingelegte Früchte
Wirkung: Appetitanregend und verdauungsfördernd. Der Wirkstoff Piperin regt den Stoffwechsel an. Pfeffer gilt zudem als durchblutungsfördernd. Koreanische Forscher berichten, dass der Pfeffer-Würzstoff Piperin neben seiner brennenden auch eine schlankmachende Wirkung aufweise: «Es hemmt die Bildung neuer Fettzellen im Körper», lautet das Ergebnis der Wissenschaftler.
- Senf
Stammpflanze: Sinapis/Brassica nigra
Familie: Kreuzblütengewächse
Gebräuchliche Bezeichnungen: Senfsamen, Senf
Anwendungsformen:
Reife, getrocknete Samen (Senfkörner, Senfsaat)
Samenpulver (Senfmehl)
Wirkung: Unterstützt die Verdauung, besonders von fetten Speisen. Regt den Appetit sowie die Absonderung von Magen- und Gallensäften an. Wirkt antibiotisch, besonders gegen Erreger von Erkältungskrankheiten, Blasen- und Harnwegsentzündungen. Durch die Schärfe der Senfölglykoside und der ätherischen Öle kann Senf ausserdem die Atemwege befreien.
Senfwickel, -kompressen oder -pflaster fördern die Durchblutung und können bei Gelenk- und Nervenentzündungen, Krämpfen und Koliken oder Kopfschmerzen eingesetzt werden. Wohltuend sind Senf-Fussbäder gegen kalte Füsse.
- Zwiebel
Stammpflanze: Allium cepa
Familie: Lauchgewächse
Gebräuchliche Bezeichnungen: Zwiebel, Sommer-, Gemüsezwiebel, Bolle
Anwendungsformen:
Frisch
Getrocknet oder geröstet
Als Granulat, Flocken oder Pulver
Wirkung: Regt den Appetit an und fördert die Verdauung. Sie wird in der Naturheilkunde bei Atemwegserkrankungen eingesetzt, hat eine antibakterielle Wirkung, beugt Infektionen vor und hemmt Entzündungen. Wirkt positiv auf Blutfettspiegel und Blutdruck und stärkt das körpereigene Immunsystem sowie den Kreislauf. Warme Zwiebelpackungen helfen bei Ohrenentzündungen.
Die Scoville-Skala
Die Schärfe von Früchten der Paprikapflanze wird nach der Scoville-Skala klassifiziert. Diese Skala, die 1912 von dem amerikanischen Pharmakologen Wilbur L. Scoville (1865-1942) entwickelt wurde, geht von 0 bis 16'000 000. 16 Millionen Scoville ist reines Capsaicin. Beispiele für Schärfegrade nach der Scoville-Skala:
Gemüsepaprika: 0–500
Peperoni: 500–1500
Mittelscharfe Chilis: 1500–30'000
Cayennepfeffer: 30'000–50'000
Thai-Chili: 50'000–100'000
Habanero-Chili: 100'000–350'000
Reines Capsaicin: 16'000'000
Gewürze für Sinne und Seele
Die Volksmedizin geht von jeher davon aus, dass Gewürze positive Wirkungen auf Stimmung und Psyche haben können. Heute werden auch in der Aromatherapie Gewürze eingesetzt, um seelische Stimmungen auszugleichen. Tatsächlich lassen sich die eingeatmeten Aromastoffe der ätherischen Öle nicht nur im Blut nachweisen, sondern es ist auch erwiesen, dass sie auf das Zentralnervensystem wirken und damit das Gefühlsleben oder die Tätigkeit mancher Drüsen beeinflussen können. Manchen Gewürzen werden auch erotisch anregende oder potenzsteigernde Wirkungen nachgesagt. Wissenschaftlich belegt ist dies zwar nicht.
Redaktion: Katharina Rederer
- Quellen
«Drogistenstern»
Eberhard Teuscher: «Gewürzdrogen. Ein Handbuch der Gewürze, Gewürzkräuter, Gewürzmischungen und ihrer ätherischen Öle», Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2002
Irene Dalichow: «Die Gewürzapotheke. Gesund und glücklich mit scharfen Sachen», Goldmann Arkana Verlag, 2006