So funktioniert das Immunsystem
60 Milliarden Immunzellen sorgen dafür, dass der Mensch gesund bleibt. Ein Blick hinter die Kulissen dieses faszinierenden Vorgangs.
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Tausende schädliche Stoffe wie Bakterien, Viren und Gifte gelangen via Atemluft, Wasser, Nahrung oder Wunden in den Körper. Damit wir nicht krank werden, ergreift der Organismus effektive Sofortmassnahmen.
Ein ausgeklügeltes Abwehrsystem ist rund um die Uhr im Einsatz. Doch vieles von dem, was es leistet, merkt der Mensch nicht einmal. Forscher vermuten, dass über 90 Prozent aller Infektionen «stumm» verlaufen: wir werden also gar nicht krank. Erst, wenn sich das Immunsystem besonders heftig gegen Krankheitserreger wehren muss, versucht es, diese mit beispielsweise Fieber, Schnupfen und Husten los zu werden.
Aufbau und Funktionen des Immunsystem
Werden wir also krank, gibt die Körperabwehr ihr bestes. Die Mechanismen des Immunsystems sind allerdings sehr komplex. Erfahren Sie, wie es grob funktioniert:
- Herkunft der Abwehrzellen
Für die Abwehr schädlicher Stoffe verfügt der menschliche Körper über rund 60 Milliarden Immunzellen. Diese heissen auch weisse Blutkörperchen (Leukozyten). Täglich produziert ein gesunder Mensch rund 15 Milliarden neue, das entspricht etwa drei Kaffeelöffeln.
Gebildet werden die Leukozyten im Knochenmark und reifen im Thymus (unter dem Brustbein). Von dort aus gelangen sie ins Blut. Besonders viele dieser Abwehrzellen sind an den Eintrittspforten des Körpers versammelt. Zum Beispiel in der Haut, der Mund- und Nasen-Schleimhaut sowie in den Harnwegen und dem Verdauungstrakt. Andere befinden sich zum Beispiel in der Milz und den Lymphknoten.
- Zellfamilien
Die Abwehrkräfte bestehen aus etwa zwölf Zellfamilien. Darunter die Makrophagen aus der Familie der Fresszellen sowie die B- und T-Zellen, die helfen, Krankheitserreger zu erledigen. Immunzellen patrouillieren über die Blutbahnen durch den Körper. Mithilfe von Signalstoffen informieren sie sich gegenseitig über die Abwehrsituation. Ein richtig funktionierendes Immunsystem kann zwischen körpereigenen und fremden, gefährlichen Komponenten unterscheiden. So attackiert es nur Schädliches.
- Antikörper und Immunität
Eine wichtige Rolle im Immunsystem spielen die sogenannten Antikörper oder Immunglobuline. Das sind von den B-Zellen gebildete Eiweisse. Ein paar Antikörper gibt schon die Mutter ihrem ungeborenen Kind weiter, oder der Säugling bekommt sie via Muttermilch.
Antikörper haben eine Y-Form. Die beiden Arme des Buchstabens sind variabel. Sie können körperfremde Stoffe wie Viren und Bakterien, sogenannte Antigene, erkennen und abfangen. Sie funktionieren wie ein Puzzleteil, das zum Antigen passt. Markiert ein Antikörper ein Antigen, kommen die Fresszellen und zerstören es.
Während dieses Abwehrprozesses findet noch ein weiterer wichtiger Schritt statt. Ein paar B-Zellen agieren als Gedächtniszellen. Sobald das Antigen am Antikörper verankert ist, teilt sich die B-Zelle in ganz viele Zellen. Ein paar Nachkommen speichern die Informationen über den unerwünschten Gast und werden zu Gedächtniszellen. Sie bleiben für immer im Körper vorhanden und sorgen für Immunität gegen erneute Infektionen durch den gleichen Erreger. Deshalb erkrankt ein Mensch zum Beispiel in der Regel nicht zweimal im Leben an Röteln.
Gegen viele Krankheiten können Menschen sich zudem impfen lassen. Dabei erhält der Körper zum Beispiel Teile von inaktiven Viren. Das Immunsystem reagiert darauf und bildet Antikörper. Diese schützen den Körper später vor denselben Krankheitserregern. Doch bei einer Grippeimpfung zum Beispiel ist das Problem, dass sich Virenstämme ständig verändern. Deshalb braucht es jedes Jahr einen neuen Impfstoff.
- Hygiene und Allergie
Für Kinder ist es enorm wichtig, mit Erregern in Berührung zu kommen. Studien zeigen: Die Körperabwehr braucht Training, um sich richtig entwickeln zu können. Förderlich ist deshalb ein natürlicher Umgang und Kontakt mit anderen Menschen, Tieren und biologischem Dreck.
Doch viele Menschen unseres Kulturkreises haben einen zu grossen Hygienefimmel. Laut Experten kann zu viel Sauberkeit zu den Auslösern einer Allergie gehören. Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem auf eigentlich harmlose Substanzen wie Hausstaub, Blütenpollen oder Katzenhaare. Es versucht die betroffene Person mit Niesen, Tränenfluss und anderen Allergiesymptomen vor den irrtümlich schädlichen Stoffen zu schützen.
- Autoimmunerkrankungen
Bei einer autoimmunen Krankheit wie multiple Sklerose (MS), Rheuma oder Diabetes spielt das Immunsystem eine zentrale Rolle. Der Körper zerstört sich im Grunde selbst. Aus teils unerklärlichen Gründen stuft die Abwehr eines Betroffenen körpereigenes Gewebe als fremd und gefährlich ein und bekämpft dieses. Fachleute vermuten, dass die Gene schuld sind, aber auch Umwelteinflüsse und vorangegangene Infektionen.
Vor allem Menschen, die in Industrieländern leben, sind von Autoimmunkrankheiten betroffen – hauptsächlich Frauen im Alter zwischen 20 und 40.
- Darmflora
Besonders wichtig für ein starkes Immunsystem ist eine gesunde Darmflora. Als Darmflora bezeichnen Fachleute alle Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze, die die Darmschleimhaut besiedeln. Das sind Milliarden. Zu ihren Hauptaufgaben gehört es, das Immunsystem zu trainieren. Zudem sitzen etwa 70 Prozent der Immunzellen in der Darmschleimhaut.
Personen, die häufig krank sind, sollten ihren Darm auf Trab bringen. Drogistinnen und Drogisten wissen, wie Sie das hinbekommen.
- Lebensweise
Wie gut das Immunsystem funktioniert, hängt unter anderem von der Lebensweise ab. Gründe für eine geschwächte Körperabwehr können beispielsweise Umwelteinflüsse, Bewegungs- und Schlafmangel sowie eine ungesunde Ernährung und Stress, aber auch Medikamente sein.
Wer sein Immunsystem stärken möchte, um sich vor Infektionskrankheiten zu schützen, findet hier 10 Tipps.
Wissenschaftliche Kontrolle: Dr. phil. nat. Anita Finger Weber
- Quellen
Broschüre des Schweizerischen Drogistenverbandes «Starke Abwehr», 2012
Fachdossier des Schweizerischen Drogistenverbandes «Der Darm», 2018
Lehrmittel Drogist/in EFZ «Humanbilogie 1/2» von Gregor Kreyenbühl, 2012