Wenn Kinder Lebensmittel nicht vertragen

Haben Kinder häufig Bauchweh, Blähungen oder Durchfall, kann eine Intoleranz dahinterstecken. Wie Sie bei Verdacht auf eine Unverträglichkeit am besten vorgehen.

Folgende Themen werden in diesem Artikel behandelt

Kinderarzt Dr. med. Matthias Cremer leitet seit rund 15 Jahren die Kindergastroenterologie am Kantonspital Graubünden in Chur. Eltern, die eine Nahrungsmittelintoleranz bei ihren Kindern vermuten, empfängt er immer wieder in seiner Sprechstunde: «Prinzipiell ist es gut, medizinische Abklärungen zu treffen und ein Kind nicht unnötigerweise auf eine bestimmte Diät zu setzen, weil man aufgrund von Bauchschmerzen eine Intoleranz vermutet», sagt Cremer.

Laktoseintoleranz

Bauchschmerzen sind tatsächlich eines der häufigsten Symptome einer Intoleranz, neben starken Blähungen und Durchfall. Das ist auch bei der Laktoseintoleranz so, der häufigsten Unverträglichkeit bei Kindern. Weil sie vererbbar ist, kommt sie oft dann vor, wenn Eltern ebenfalls an einer Milchzuckerunverträglichkeit leiden. Mittels Gentest kann ermittelt werden, ob das der Fall ist. «Liegt keine Erkrankung bei den Eltern vor oder bei Unsicherheit, kann den Kindern eine Milchzuckerlösung zum Trinken gegeben werden. Dann wird anhand des Atems festgestellt, ob der Milchzucker verdaut wird oder nicht.»

Leidet ein Kind an einer Laktoseintoleranz, sollte es auf Milch und Milchprodukte verzichten. «Kleine Mengen bis ca. ein Deziliter sind vertretbar, etwas Rahm in der Sauce oder geschlagen auf dem Kuchen sorgen im Normalfall für keine Beschwerden.» Am besten sei es, das Kind gut aufzuklären – in der Art: «Wenn du diese Rahmglace essen möchtest, kann es sein, dass du danach wieder Bauchschmerzen hast.» Dann soll das Kind selber entscheiden dürfen, ob es diesen «Gluscht» stillen möchte oder doch lieber auf eine Alternative ohne Milch ausweicht. Wichtig zu wissen: Der Darm wird nicht geschädigt, wenn Milchzucker trotz einer Unverträglichkeit konsumiert wird.

Zöliakie

Anders ist dies bei der Zöliakie, einer Glutenintoleranz, die ebenfalls schon im Kindesalter auftreten kann. Hier rät Dr. Matthias Cremer dazu, streng Diät zu halten. «Bei einer Zöliakie sorgen die Klebereiweisse für Entzündungen im Darm, was langfristig zu Darmschäden führt.» Ganz auf Gluten zu verzichten, wie es in Brot, Pasta oder Kuchen vorkommt, sei deshalb wichtig.

Die Symptome sind ähnlich wie bei der Milchzuckerunverträglichkeit, es gibt aber einen wichtigen Unterschied: «Anders als bei der Laktoseintoleranz, bei der die Beschwerden häufig unmittelbar nach dem ausgedehnten Milchkonsum auftreten, kommt es bei der Glutenintoleranz zu einer Verzögerung», erklärt Cremer. Blähungen, Bauchschmerzen, Krämpfe und Durchfall treten also erst einige Stunden oder gar Tage nach dem Brot- oder Pastaessen auf. «Wenn ein Kind stark abnimmt, einen aufgeblähten Bauch hat, immer Hunger hat, weil es durch die Entzündung Lebensmittel nicht verwerten kann, sollten die Eltern weitere medizinische Abklärungen treffen.»

Fruktoseintoleranz

Neben der Laktose- und Glutenintoleranz gibt es eine dritte Unverträglichkeit bei Kindern: die Fruktoseintoleranz, also die Unverträglichkeit von Fruchtzucker etwa in Fruchtsäften oder Süssgetränken. Auch hier sind Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall ein Anzeichen. Bauchweh nach einem Apfel weise aber noch nicht auf eine Fruchtzuckerintoleranz hin, sagt der Kinderarzt. «Man müsste schon enorm grosse Mengen an Früchten verspeisen, also fünf bis sechs Äpfel oder eine grosse Schale voller Erdbeeren.» Kleine Mengen sind meistens unbedenklich, erst in hohen Dosen verzehrt, bekommt das Kind Bauchweh. Mittels einer Fruchtzuckerlösung zum Trinken kann der Arzt herausfinden, ob das Kind an einer solchen Intoleranz leidet.

«Im Falle einer Diagnose liegt ein Apfel oder eine Orange am Tag drin», sagt Matthias Cremer. Auch ein Confibrot muss nicht gleich vom Essplan gestrichen werden. «Hier geht es vielmehr darum, Süssgetränke und Obstsäfte wegzulassen und raffinierten Zucker massgeblich zu reduzieren. Denn Haushaltszucker besteht zur Hälfte aus Fruchtzucker.»

Wer als Kind eine Intoleranz diagnostiziert bekommt, muss lernen, langfristig damit zu leben. Darum wird, um gut aufzuklären und den Eltern Alternativen aufzuzeigen, meist die Ernährungsberatung hinzugezogen. Vorbeugen könne man einer Intoleranz nicht: «Mittlerweile gibt es aber ein breites Sortiment an Ersatzprodukten und Alternativen. Ausserdem kann es ein grosser Ansporn sein, vermehrt frisch zu kochen. Das kommt auch der Gesundheit zugute.»

Autorin: Denise Muchenberger
Redaktion: Bettina Epper
Wissenschaftliche Kontrolle: Dr. phil. nat. Anita Finger Weber
Quellen
  • Drogistenstern

  • Dr. med. Matthias Cremer, Leiter Kindergastroenterologie am Kantonspital Graubünden in Chur