Risikofaktoren fürs Herz

Wie ein Mensch lebt, hat grossen Einfluss darauf, wie gesund sein Herz bleibt.

Das Herz schlägt etwa 2,6 Milliarden Mal in einem Menschenleben. Beeindruckend, findet auch PD Dr. med. Rainer Zbinden, Chefarzt Kardiologie am Spitalzentrum in Biel (BE). Er ist fasziniert von ebendiesem Organ: «In manchen Kulturen glaubt man gar, die Seele sässe im Herzen. Dies ist wahrscheinlich eher ein Mythos. Allerdings gibt es Herzkrankheiten, die durch positive oder negative Emotionen ausgelöst werden können.» Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzrhythmusstörungen sind häufig. Die Risikofaktoren, die sie begünstigen, hängen eng mit dem Lebensstil zusammen.

Bluthochdruck

Jeder Herzschlag löst eine Druckwelle aus, die in die Arterien weitergeleitet wird. Die Regulation dieses Blutdrucks erfolgt durch ein Zusammenspiel von Gefässweite, Herzleistung und Blutvolumen.

Die schlechte Nachricht: In der Schweiz hat schätzungsweise jede vierte erwachsene Person einen erhöhten Blutdruck. Besonders fatal ist, dass man das nicht spürt. Doch die Auswirkungen sind drastisch: «Bluthochdruck beschleunigt die Ablagerung von Cholesterin in den Gefässwänden, die sogenannte Plaque-Bildung, und der Herzmuskel verdickt sich», sagt der Kardiologe. «Einerseits steigt somit das Risiko eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls, andererseits wird der Herzmuskel steifer und weniger elastisch, was das Auftreten von Rhythmusstörungen, vor allem des sogenannten Vorhofflimmerns, fördert.»

Die gute Nachricht: Mit einem gesunden Lebensstil können Sie dazu beitragen, Ihren Blutdruck im normalen Bereich zu halten oder zu senken. «Ein erhöhter Salzkonsum oder Bewegungsmangel etwa können das Auftreten von Bluthockdruck fördern.»

«Häufig kann man nur die Risikofaktoren behandeln»

Drei Fragen an Kardiologe PD Dr. med. Rainer Zbinden.

Herr Dr. Zbinden, gibt es Warnsignale, wenn mit dem Herzen etwas nicht stimmt?

Typische Beschwerde ist ein Engegefühl auf der Brust bei Belastung, das rasch vorbeigeht, wenn die Belastung vorüber ist. Viele haben aber auch erstmals Beschwerden beim ersten Herzinfarkt. Lähmungserscheinungen, Sprachstörungen oder Gefühlsstörungen sind Warnsignale für einen Hirnschlag. Herzstolpern, Herzklopfen oder plötzlicher Bewusstseinsverlust deuten auf Herzrhythmusstörungen hin.

Wann sollte man zum Arzt?

Beim Auftreten oben genannter Symptome.

Kann man Herz-Kreislauf-Krankheiten heilen?

Häufig kann man nur die Risikofaktoren behandeln wie Diabetes, hohe Cholesterinwerte oder Bluthochdruck und ein rasches Fortschreiten der Plaque-Ablagerungen verlangsamen. Auch die Aufweitung respektive Wiedereröffnung von Herzkranzarterien oder peripheren Arterien ist nur eine symptomatische Behandlung. Die Ursache wird damit nicht behoben. Herz-Kreislauf-Krankheiten sind chronisch fortschreitend. Ein Herzinfarkt oder Hirnschlag resultiert auch mit teilweisem Absterben von Gewebe und hinterlässt dann eine Narbe.

Rauchen

«Rauchen ist einer der Hauptrisikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen», sagt Zbinden. Es fördert ebenfalls die Plaque-Bildung. «Zusätzlich reduziert Rauchen das ‹gute› HDL-Cholesterin zugunsten des ‹schlechten› LDL-Cholesterins.»

Die schlechte Nachricht: Wer raucht, hat ein bis zu viermal höheres Risiko, an einer Herzkrankheit zu sterben.

Die gute Nachricht: Wenn Sie mit Rauchen aufhören, beginnt Ihr Risiko für Arteriosklerose sofort zu sinken. Nach nur fünf rauchfreien Jahren ist das Herzinfarkt-Risiko in etwa gleich wie bei Personen, die nie geraucht haben.

Bewegungsmangel

Körperlich Aktive leben länger, sind im Alter geistig fitter und weniger pflegebedürftig.

Die schlechte Nachricht: Knapp 35 Prozent der Erwachsenen in der Schweiz sind ungenügend aktiv oder gänzlich inaktiv. «Bewegungsmangel führt zu Übergewicht, was wiederum Diabetes begünstigt und die Plaque-Bildung stark fördert», erklärt Dr. Zbinden.

Die gute Nachricht: Jeder Schritt hin zu mehr Bewegung nützt der Gesundheit. Zbinden: «Bereites dreimal 20 Minuten Ausdauertraining pro Woche bringen etwas.»

Umfrage

Blutdruck i.O.! Was tun Sie, damit es so bleibt?

Bitte warten...

Ernährung/Übergewicht

Ausgewogenes Essen und Trinken versorgt den Körper mit Energie, Nähr- sowie Schutzstoffen und trägt dazu bei, Krankheiten vorzubeugen. Aber: «Es kommt dabei auf die Qualität und die Quantität des Essens an. Die Menschen in der Schweiz werden immer dicker», sagt der Kardiologe. «Es bleibt in der heutigen Arbeitswelt leider oft zu wenig Zeit, um ausgewogen zu kochen oder zu essen.»

Die schlechte Nachricht: In der Schweiz sind rund 41 Prozent der Erwachsenen übergewichtig. Das führt auch zu Bluthochdruck und Diabetes. Kaum eine Gruppe von Krankheiten wird durch die Ernährung so stark beeinflusst wie jene des Herz-Kreislauf-Systems.

Die gute Nachricht: Eine ausgewogene Ernährung leistet einen Beitrag zum Schutz der Blutgefässe. Durch die Reduktion des Gewichts entlasten Sie nicht nur Ihre Gefässe, sondern auch Gelenke und Rücken.

Stress

Bei Bedrohungen reagiert der Körper und schüttet Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol aus. Ist die Gefahr vorüber, kehrt der Normalzustand zurück. «Stress an und für sich kann auch positiv sein und führt nicht zwingend zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen», sagt Dr. Zbinden. Der hektische Berufsalltag führe aber oft dazu, dass man zu wenig Zeit für ausgewogenes Essen sowie Bewegung hat. Die Folge: Wir werden krank.

Die schlechte Nachricht: Zwei von drei Erwachsenen sind häufig gestresst. Das erhöht den Blutdruck, treibt den Herzschlag an, steigert die Ausschüttung von Insulin und schwächt das Immunsystem. Dies alles schädigt das Herz direkt. Und Dauerstress wirkt auch indirekt auf die Herzgesundheit: Gestresste rauchen häufiger, ernähren sich ungesund und bewegen sich weniger.

Die gute Nachricht: Stress kann man abbauen. Etwa durch Bewegung wie Wandern, eine anregende Beschäftigung wie Gärtnern oder mit Entspannungstechniken wie Yoga.

Cholesterin

Das Blutfett Cholesterin ist wichtig. Der Körper braucht es zur Produktion von Zellwänden, Nervengewebe und Hormonen oder als Energielieferanten. Es gibt mehrere Arten von Cholesterin. Das LDL-Cholesterin gilt als das «schlechtes» Cholesterin. Ist zu viel LDL-Cholesterin im Blut, kann es sich an Arterienwänden ablagern. Das «gute» HDL-Cholesterin sammelt überflüssiges Cholesterin von den Zellen ein und transportiert es zur Leber.

Die schlechte Nachricht: 2017 litten 13 Prozent der Menschen in der Schweiz an erhöhtem Cholesterinspiegel oder nahmen cholesterinsenkende Medikamente. Ab 65 Jahren sind 32 Prozent betroffen, Männer häufiger als Frauen.

Die gute Nachricht: Durch die Umstellung der Ernährung und mehr Bewegung können sich die Cholesterinwerte verbessern.

Diabetes

Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) ist eine chronische Stoffwechselerkrankung. «Dabei produziert die Bauchspeicheldrüse zu wenig des Hormons Insulin. In der Folge steigt der Blutzuckerspiegel an», so Dr. Zbinden. «Das greift unter anderem die Gefässwände an und fördert stark die Ablagerung von Cholesterin in den Gefässen.»

Es gibt zwei Formen von Diabetes. Beim Typ 1 wird zu wenig oder gar kein Insulin produziert. Beim Diabetes Typ 2 bildet der Körper zwar Insulin, die Zellen können jedoch nicht mehr ausreichend darauf reagieren. Ursachen sind neben familiären Faktoren und dem Alter der Lebensstil: Übergewicht, Fehlernährung und mangelnde körperliche Aktivität können das Risiko für einen Diabetes Typ 2 stark erhöhen.

Die schlechte Nachricht: Schätzungsweise sind in der Schweiz rund 500 000 Personen an Diabetes erkrankt. Es dauert im Schnitt sieben Jahre, bis ein Diabetes Typ 2 erkannt wird. Darum weiss die Hälfte aller Diabetiker und Diabetikerinnen noch gar nicht, dass sie krank ist.

Die (fast) gute Nachricht: Normales Körpergewicht, Bewegung und ausgewogene Ernährung tragen dazu bei, das Risiko für Diabetes Typ 2 zu senken. Es gibt aber auch bei einem gesunden Lebensstil die Möglichkeit, an Diabetes zu erkranken, denn auch Vererbung spielt eine wichtige Rolle.

Alter

Auch das Alter ist ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Krankheiten, sagt Dr. Zbinden: «Mit zunehmendem Alter steigen nebst dem Cholesterinwert auch die Gefässablagerungen. Zusätzlich sinkt die Elastizität der Arterien und ihre Verkalkung nimmt zu. Zudem steigt die Häufigkeit von Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes mit dem Alter. Dies alles erklärt die Häufung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit steigendem Alter.»

Autorin und Redaktion: Bettina Epper
Wissenschaftliche Kontrolle: Dr. phil. nat. Anita Finger Weber
Quellen
  • Drogistenstern

  • PD Dr. med. Rainer Zbinden, Chefarzt Kardiologie am Spitalzentrum in Biel (BE)

  • Schweizerische Herzstiftung

  • Bundesamt für Sport: «Gesundheitswirksame Bewegung», 2013

  • Schweizerische Gesellschaft für Ernährung: Merkblatt «Ernährung bei Arteriosklerose und koronare Herzkrankheit (KHK)», 2017

  • Bundesamt für Gesundheit

  • Bundesamt für Statistik: «Schweizerische Gesundheitsbefragung», 2017

  • Diabetesschweiz

  • www.feel-ok.ch

  • SuchtSchweiz

  • Dr. phil. nat. Anita Finger Weber, Anania Hostettler, eidg. dipl. Apothekerin Christine Funke: «Fachdossier Stress», Schweizerischer Drogistenverband SDV, 2018

  • www.psychologie.uzh.ch

  • www.stressnostress.ch

  • Unispital Basel