Gesunder Schwarzdorn
Die dunkelblauen Früchte des Schwarzdorns stechen dem Spaziergänger im Herbst ins Auge. Blüten und Beeren des Strauches stecken voller gesunder Stoffe.
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Schlehdorn, Ackerpflaume oder Heckendorn – so heisst der Schwarzdorn im Volksmund. Dieser Strauch wächst in Europa, Vorderasien bis zum Kaukasus und in Nordafrika. Hierzulande findet man ihn oft an Waldrändern oder als Bestandteil von Hecken zusammen mit Hasel, Berberitze, Weissdorn oder Wildrosen. Der Schwarzdorn ist der erste blühende Strauch im Frühling: Seine Blüten überziehen die Äste wie frisch gefallener Schnee. Im Herbst zieren ihn kugelige, etwa daumennagelgrosse, dunkelblaue Früchte, die zum Hineinbeissen einladen. Doch der Genuss hält sich in Grenzen, sauer, herb und bitter zugleich schmecken die Beeren. Zudem hinterlassen sie auf der Zunge und im Mund ein pelziges Gefühl. Schuld daran sind Gerb- und Farbstoffe. Diese sogenannten sekundären Pflanzenstoffe haben es aber in sich: Sie hemmen Entzündungen, bekämpfen Infektionen, beugen Gefässkrankheiten vor und schützen das Herz. Schlehdornfrüchte enthalten zudem eine ganze Reihe weiterer Pflanzenstoffe wie zum Beispiel Fruchtsäuren, Anthocyane sowie Vitamin C.
Die Beeren von «Prunus spinosa», so der lateinische Name der Pflanze, zählen zu den ältesten Nahrungsmitteln des Menschen. Forscher fanden Kerne in Überresten von Pfahlbauten aus der Zeit zwischen 5000 und 4000 vor Christus. «Prunus» bedeutet Pflaumenbaum, «spinosa» bezieht sich auf die spitzen Dornen des Strauchs, der zur botanischen Familie der Rosengewächse gehört, ebenso wie der Weissdorn, Himbeere und Brombeere, aber auch der Apfel- und der Birnbaum.
Bestandteil in Frühjahrstee
Die Volksheilkunde verwendet alle Teile der Pflanze. Der Tee aus Blüten und Blättern gilt als mildes Abführmittel, das zugleich harntreibend und schweissbildend wirkt. Er soll das Blut reinigen, Hauterkrankungen günstig beeinflussen und rheumatische Beschwerden lindern. Aus diesem Grund sind die Blüten Bestandteil von Frühjahrstees. Drogistin Marianne Bessard bedauert, dass die Pflanze heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist: «Das ist schade, denn die Inhaltsstoffe wirken im Körper aufbauend.» Gerade Mütter in der Stillzeit und Menschen in der Erholungsphase, der Rekonvaleszenz, profitierten davon, sagt sie. Doch noch sind einige Präparate im Handel, in denen Extrakte aus Blüten und Früchten des Schwarzdorns enthalten sind. Zum Beispiel in Nasensalben oder in Gels, die die Beinvenen stärken. In manchen Drogerien stehen diese Arzneimittel bis heute in den Regalen.
Schutz für die Körperzellen
Der Saft aus den Früchten ergibt ein Gurgelmittel, das gegen Entzündungen in Mund und Rachen sowie des Zahnfleisches wirkt. Pur oder gesüsst schmeckt er aber auch als Getränk. Die getrockneten Früchte oder ein gekochtes Mus sollen bei Durchfall helfen, den Magen stärken und den Appetit fördern. Die wissenschaftlichen Nachweise für die Wirksamkeit sind zwar noch dürftig. Allerdings bescheinigen erste Untersuchungen den Schlehenfrüchten eine antioxidative Wirkung. Das bedeutet, dass sie die Körperzellen vor schädlichen Einflüssen schützen. Die Gerbstoffe – zum Beispiel Tannine - in den Blüten wirken zudem zusammenziehend und haben den Effekt, dass sie eine Art Schutzschicht über Wunden und verletzte Schleimhäute legen.
Warten bis zum Frost
Sammelzeit für die duftenden weissen Blüten und die zarten Blätter ist im Frühling von März bis Mai. Sie ergeben nicht nur einen schmackhaften Tee. Mit Zuckerwasser benetzt und getrocknet sind die Blüten eine leckere feine Nascherei. Die Blätter hingegen sind frisch gehackt oder getrocknet und gemahlen als Brat- und Küchengewürz zu verwenden. Die Früchte sind im Herbst ab ungefähr Anfang Oktober reif für die Ernte. Bis zum ersten Frost im Jahr sind sie steinhart und fast ungeniessbar. Aber danach werden sie weich und schmecken süss. Dies, weil sich die Stärke durch die Kälte in Zucker umwandelt. Derselbe Effekt lässt sich erzielen, wenn man die Früchte ein bis zwei Nächte einfriert. Zu Mus passiert munden sie sowohl roh als Aufstrich als auch gekocht als Kompott, Sirup oder Konfitüre. Die Briten fabrizieren aus Schlehenbeeren sogar ein alkoholisches Getränk, eine Art Gin. In Spanien gibt es seit dem Mittelalter einen Verdauungslikör, der aus Anis und Schlehdornfrüchten besteht.
- Quellen
Max Wichtl, «Teedrogen und Phytopharmaka», Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2009
Thomas Pfister & Reinhard Saller, «Heilkräuter im Garten», Haupt Verlag, 2014
Bruno Vonarburg, «Natürlich gesund mit Heilpflanzen», AT Verlag, 2001
Apotheker Mannfried Pahlow, «Heilpflanzen», GU Verlag, 1992
Steffen Guido Fleischhauer, Jürgen Guthmann, Roland Spiegelberger, «Essbare Wildpflanzen», AT Verlag, 2011
Deutsche Gesellschaft für Ernährung