So essen Kinder ausgewogen

Sind Salat und Fleisch für Kinder ein Muss? 13 Antworten auf Fragen, die sich viele Eltern stellen.

Eltern sind manchmal unsicher, was die Ernährung ihrer Kinder anbelangt. Dr. George Marx, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin am Ostschweizer Kinderspital und Autor des Buches «Kinderernährung – Expertenwissen für den Alltag», beantwortet 13 Fragen zur Kinderernährung.

1. Wann ist ein Kind satt?

Ein Baby sendet verschiedene Signale, wenn es satt ist. Zum Beispiel wendet es den Kopf weg von der Brust, der Flasche oder dem Brei. Es lehnt Nahrung ab oder drückt die Lippen zusammen. Grössere Kinder sagen zusätzlich oft «Nein». Dies sollte man respektieren, auch wenn noch Essen auf dem Teller liegt.

2. Sollte man ein Kind zum Essen zwingen, wenn es eher wenig isst?

Nein, auf keinen Fall. Druck erzeugt Gegendruck und macht die Problematik noch schlimmer. Eventuell hilft eine kreative Tellerpräsentation. Eltern müssen Geduld haben.

3. Darf das Kind auf den Boden gefallene Nahrung noch essen?

Es kommt darauf an, wie sauber der Boden ist. Ist er stark verdreckt, ist es aus hygienischen Gründen nicht zu empfehlen, die Nahrung noch zu essen, egal wie lang sie auf dem Boden war. Nahrung, die auf sauberem Boden landet, ist jedoch noch essbar. Sie sollte aber vor dem Verzehr wenn möglich mit Wasser gewaschen werden.

4. Ist Blattsalat wichtig für Kinder?

Nein, Blattsalat wird überschätzt. Ein Kopfsalat besteht zu 95 Prozent aus Wasser und hat einen tiefen Nährwert, wenig Ballaststoffe und Vitamine.

5. Gemüse vom Markt oder aus der Tiefkühltruhe – was ist gesünder?

Tiefgekühltes Gemüse ist in der Regel gesünder. Es sei denn, das Gemüse stammt aus dem eigenen Garten und landet direkt auf dem Tisch. Gemüse, das mehrere Tage auf dem Marktstand, im Laden oder zu Hause gelagert wird, verliert viele Nährstoffe. Tiefgekühltes Gemüse hingegen enthält meistens ziemlich viele Vitamine, weil es kurz nach der Ernte licht- und luftdicht verpackt wird. Dadurch bleiben die Nährstoffe besser erhalten.

6. Haben Biogemüse und -früchte mehr Vitamine als herkömmliche Produkte?

Nein. Eine Metastudie der britisch Food Standards Agency aus dem Jahr 2009 zeigt, dass dem nicht so ist. Auch der Verdacht, früher habe Gemüse mehr Vitamine und Mineralstoffe enthalten als heute, ist widerlegt. Aber in Bioprodukten stecken weniger schädliche Stoffe wie Pestizide, es wird umweltschonender angebaut und ist ökologisch nachhaltiger.

7. Schützen Supplemente Kinder vor Krankheiten?

Vitamine und Mineralstoffe aus Präparaten wirken im Körper nicht gleich wie jene aus Nahrungsmitteln. Warum, weiss die Wissenschaft noch nicht genau. Vermutlich braucht der Organismus ein Zusammenspiel verschiedenster Stoffe. In einem Apfel beispielsweise stecken etwa 1000 verschiedene Substanzen. Supplemente sind nur bei nachgewiesenem Mangel empfohlen und sollten mit dem Arzt oder der Ernährungsfachperson besprochen werden.

8. Sind probiotische Joghurts gesünder als andere?

Das ist umstritten. Auch normale Joghurts enthaltenen Milchsäurebakterien und haben eine positive Wirkung auf die Darmflora. Die in probiotischen Joghurts enthaltenen Bakterien wie Bifido oder LC1-Bakterien sollen aber resistenter sein und im Magen-Darm-Trakt besser überleben.

9. Können Probiotika Allergien verhindern?

Die Resultate verschiedener Studien mit Probiotika sind widersprüchlich. Meistens wurde der Einfluss auf die Neurodermitis untersucht. Bei einem hohen familiären Allergierisiko scheinen gewisse Probiotika für Schwangere, Stillende und Säuglinge zu helfen, Neurodermitis vorzubeugen. Vielversprechende Keime sind Lactobacillus rhamnosus GG und Bifidobacterium lactis. Wer sich für Probiotika interessiert, lässt sich am besten professionell von einem Arzt oder in der Drogerie beraten.

10. Muss mein Kind Fleisch oder Fisch essen?

Nein. Eisen kann auch durch andere Nahrungsmittel wie Eier, Rosenkohl, Mangold, Grünkohl, Spinat, Nüsse, Samen, Getreide und Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen, Bohnen, Lupinen und Soja gedeckt werden. Am besten kombiniert man diese Nahrungsmittel mit Nahrungsmitteln, die Vitamin-C enthalten. Vitamin C fördert die Eisenaufnahme.

11. Spinat enthält viel Eisen, oder?

100 g Spinat enthält 3 bis 4 mg Eisen, das ist nicht wenig. Aber Spinat enthält auch viel Oxalsäure, die die Eisenaufnahme hemmt. Unser Körper kann daher leider nur etwa 1,9 mg Eisen pro 100 g Spinat aufnehmen. Eine bessere Eisenquelle ist Rind- oder Kalbfleisch mit 2 bis 3 mg Eisen pro 100 g. Dieses Eisen kann der Darm besser aufnehmen. Aber auch wer kein Fleisch isst, kann seinen Bedarf decken (siehe Frage 11).

12. Schadet vegane Ernährung dem Kind?

Nein. Aber auf die Vitamine B2, B12 und D, die Mineralien Eisen, Zink, Jod, Kalzium sowie Fettsäuren und Protein sollte in der Ernährung unbedingt geachtet werden. Und Vitamin B12 muss mit Präparaten supplementiert werden. Ein B12-Mangel kann zu Komplikationen der Nervenzellen und des Blutbildes führen, was zu Anämie (Blutarmut), motorischen Beschwerden sowie sensorischen Störungen bis hin zu Lähmungen führen kann. Diese Komplikationen sind oft nicht mehr zu reparieren, vor allem die neurologischen Symptome. Ganz wichtig sind daher regelmässige Kontrollen beim Kinderarzt oder der Ernährungsberatung.

13. Wie viel sollten Kinder täglich trinken?

Der Wasserbedarf ist stark abhängig vom Alter und vom Verlust. Gesunde ein- bis vierjährgie Kinder sollten 7 bis 8 dl pro Tag trinken. Am besten Leitungswasser, Mineralwasser (ohne Kohlensäure) und ungesüssten Kräuter- oder Früchtetee. Die Gesamtwasseraufnahme liegt im Durchschnitt bei 1300 ml pro Tag und setzt sich aus Getränken, fester Nahrung und Stoffwechselprodukten (Oxidationswasser) im Körper zusammen.

Buchtipp

«Kinderernährung. Expertenwissen für den Alltag» von Dr. med. Georg Marx und Andrea Mathis

Autorin und Redaktion: Vanessa Naef
Quellen
  • Dr. George Marx, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin am Ostschweizer Kinderspital