Schröpfen

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1. Definition

Das Schröpfen ist ein ausleitendes Heilverfahren, das Giftstoffe aus dem Körper entfernt. Durch das Aufsetzen von Schröpfglocken auf bestimmte Hautstellen entsteht eine kraftvolle Saugwirkung. Diese stimuliert die Zirkulation von Blut und Lymphe und wirkt anregend auf Organe und Immunsystem.

2. Philosophie

Erste Beschreibungen der Schröpfmethode gehen bis tausend Jahre vor unsere Zeitrechnung zurück. Schröpfglocken waren damals auf der ganzen Welt verbreitet. Die Ärzte benutzten Saugglocken aus Horn, Bambus, Keramik, Silber, Bronze, Kupfer oder Glas. Im Lauf der Zeit fand das Schröpfen in Ärztekreisen immer weniger Beachtung, so dass es allmählich in die Hände von Barbieren und Steinmetzen gelangte. Diese benutzten Schröpfglocken beispielsweise, um Abszesse trocken zu legen und Lungenkrankheiten zu behandeln. Sie gingen davon aus, dass das Schröpfen über einem erkrankten Organ das «schlechte Blut» anzieht.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts erfreut sich das Schröpfen wieder zunehmender Beliebtheit. Die Methode wird heutzutage in erster Linie von Naturärzten und Heilpraktikern praktiziert. In der Chinesischen Medizin gehören Schröpfköpfe zum Instrumentarium der Akupunkteure. Diese werden auf organspezifische Energiepunkte gesetzt.

Die Naturheilkunde unterscheidet zwischen trockenem und blutigem Schröpfen. Dem trockenen Schröpfen wird vor allem eine anregende Wirkung zugeschrieben. Beim blutigen Schröpfen wird die Haut zuerst mit einer Lanzette angeritzt, so das Blut austritt. Diese so genannte Sakrifizierung mit anschliessender Wundheilung soll vor allem das Immunsystem stimulieren.

3. Plausibilität des Konzepts

Die Saugwirkung der Schröpfgläser führt zu einer intensiven Mehrdurchblutung der behandelten Hautstellen. Die Durchblutungssteigerung «entstaut» das darunter liegende Gewebe und wirkt anregend auf die benachbarten Organe und das Immunsystem.

Die intensive Saugwirkung zieht Gift- und Schadstoffe unter die Hautoberfläche, wo die Schlackenstoffe via Lymphgefässe entsorgt werden. So entsteht ein Entgiftungseffekt.

Manche Therapeuten schreiben dem Schröpfen ausserdem eine schmerzstillende Wirkung zu. Sie beruht auf dem Erzeugen eines Gegenreizes und der daraus resultierenden Entlastungswirkung, wie dies beispielsweise auch bei einer kräftigen Massage der Fall ist.

4. Belege für die Wirksamkeit

Trotz jahrhundertealtem Erfahrungswissen gibt es keine naturwissenschaftlichen Studien, welche die Wirksamkeit des Schröpfens belegen.

5. Praktische Anwendung

Das Schröpfen eignet sich hauptsächlich für Indikationen wie Verdauungsbeschwerden, muskuläre Verspannungen, Migräne, Rückenschmerzen und rheumatische Beschwerden.

6. Selbstbehandlung

In einigen Drogerien sind zwar gebrauchsfertige Schröpf-Sets samt Gebrauchsanleitung erhältlich. Da vor allem das blutige Schröpfen auch Risiken beinhaltet, empfiehlt sich, die Behandlung durch eine anerkannte Fachperson durchführen zu lassen.

7. Anwender und ihre Ausbildung

Das Schröpfen kann an Naturheilkunde-Schulen erlernt werden. Im medizinischen Alltag wird es meist von Naturärzten, Heilpraktikern, Akupunkteuren und Ärzten eingesetzt.

Interessierte Laien haben die Möglichkeit, einen eintägigen Schnupperkurs zu absolvieren. Für eine therapeutische Tätigkeit verlangt die Stiftung zur Anerkennung und Entwicklung der Alternativ- und Komplementärmedizin, ASCA ein Minimum von 150 Ausbildungsstunden; ausserdem muss das Verfahren von einem Arzt oder Naturheilpraktiker mit entsprechender Fachrichtung durchgeführt werden. Dazu zählen Westliche Alternative Medizin, Traditionelle Chinesische Medizin.

8. Behandlung und Ablauf

Der Patient sitzt oder liegt bequem. Der Therapeut erzeugt im Schröpfglas einen Unterdruck, indem er Hitze, Kälte oder eine mechanische Absaugvorrichtung einsetzt (Gummipumpe). Anschliessend werden sechs bis zehn Schröpfgläser auf die nackte Haut gesetzt. Die Schröpfgläser bleiben so lange auf der Haut des Patienten, bis sich diese rot oder bläulich verfärbt (trockenes Schröpfen) oder bis etwas Blut aus der Haut sickert (blutiges Schröpfen).

Eine Behandlung dauert je nach Erkrankung und Reaktion des Patienten fünf bis dreissig Minuten. Für einfache Beschwerden reichen meist zwei bis drei Behandlungen, die in einwöchigem Abstand durchgeführt werden. Bei chronischen Beschwerden sind zwischen vier und zehn Behandlungen nötig. Das Schröpfen hinterlässt an der behandelten Stelle einen rot-blauen Fleck. Dieser harmlose Bluterguss verschwindet normalerweise innerhalb von wenigen Tagen.

9. Grenzen und Risiken

Trockenes Schröpfen: Bei korrekter Anwendung sind Nebenwirkungen bei dieser Methode sehr selten. Ein gewisses Verbrennungsrisiko besteht einzig, wenn die Schröpfgläser zu sehr erhitzt werden. Zudem kann es bei Kunden mit extrem empfindlicher Haut zu Narbenbildungen kommen.

Blutiges Schröpfen: Um ein Infektionsrisiko auszuschliessen, müssen die Schröpfinstrumente vor Gebrauch einwandfrei sterilisiert werden. Bei Kunden mit einer Bluterkrankung, nach Operationen oder bei Einnahme von Blutverdünnungsmitteln ist von blutigem Schröpfen abzusehen. Manche Therapeuten schröpfen grundsätzlich keine Kunden, die unter Niereninsuffizienz leiden. Zu meiden ist das blutige Schröpfen zudem bei altersveränderter, entzündeter, kranker oder bestrahlter Haut (Radiotherapie). Schwangere sollten sowohl von trockenem, als auch von blutigem Schröpfen absehen!

10. Praxistipps

Viele Therapeuten empfehlen, das Schröpfen mit weiteren komplementärmedizinischen Methoden wie etwa Homöopathie oder Spagyrik zu kombinieren. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wird die Schröpf-Methoden häufig mit Akupunktur kombiniert – erkundigen Sie sich bei Ihrem TCM-Theraputen.

11. Zahlt die Krankenkasse?

Manche Krankenkassen vergüten einen Teil der Therapiekosten im Rahmen der Zusatzversicherung, sofern der Therapeut oder die Therapeutin anerkannt ist. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Versicherung.

Autor und Redaktion: Antoinette Prince
Quellen
  • passeportsante.net

  • Schweizerischer Naturärzteverein (NVS)

  • TCM-Schweiz

  • weblibre.org

  • Urs Gruber: «Naturheilkunde», Beobachter-Buchverlag, Zurich, 2001

  • Krista Federspiel und Vera Herbst: «Die Andere Medizin. ‘Alternative’ Heilmethoden für Sie bewertet», Stiftung Warentest, Berlin, 2005

  • «Alternative Heilmethoden» Puls Media AG, Zurich, 2004