Sex nach der Geburt

Die Geburt eines Kindes ist im positiven Sinn ein Erdbeben. In der ersten Zeit bleibt kein Stein mehr auf dem anderen – davon betroffen ist auch die Sexualität des Paares.

Wenn es nach der Geburt eines Kindes mit dem Liebesleben nicht sofort wieder in alter Manier klappt, ist das normal. Die Geburt vor allem des ersten Kindes stellt die wohl deutlichste Zäsur im Sexualleben eines Paares dar. Dafür gibt es körperliche wie seelische Gründe.

Sich wund fühlen

Zu den körperlichen Gründen gehört vor allem der Wochenfluss, ein Dammschnitt oder Dammriss sowie Schlafmangel.

  • Der Wochenfluss ist das Wundsekret, das nach der Ablösung der Plazenta aus der Gebärmutter austritt. An der Gebärmutterinnenwand entsteht durch die Geburt eine grosse Wundfläche, die je nach Plazentagrösse einen Durchmesser von ca. 12,5 Zentimetern erreicht. Mit Hilfe der Nachwehen wird das auf der Wundfläche befindliche tote Gewebe ausgeschieden und die Wunde verschliesst sich langsam. In den ersten Tagen ist der Wundfluss einer starken Regelblutung ähnlich. Nach zirka vier bis sechs Wochen versiegt der Wochenfluss, die Wundheilung ist nach sechs bis acht Wochen vollständig abgeschlossen. Sollten die Blutungen anhaltend stark bleiben oder der Ausfluss unangenehm riechen, sollten Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt sprechen.

  • Ein Dammschnitt/Dammriss kann sehr schmerzhaft sein und braucht Zeit bis er abheilt. Auch die Naht kann zu Druckempfindlichkeit oder einem Gefühl von Wundsein führen. Sollte die Schmerzempfindlichkeit ungewöhnlich lange anhalten, sollten Sie medizinischen Rat suchen.

  • Schlafmangel ist für fast alle Eltern in den ersten Wochen und Monaten ein Thema. Babys haben noch keinen geregelten Schlaf-Wach-Rhythmus und brauchen im Schnitt alle vier Stunden Nahrung. Da sind natürlich vor allem Mütter, die stillen, sehr gefordert und häufig müde. Kommt dazu, dass Stillen viel Energie braucht und zusätzlich müde macht.

Umfrage

Wie lange nach der Geburt hat es gedauert, bis Sie wieder Lust auf Sex hatten?

Bitte warten...

Neue in der Mutterrolle

Zu den psychischen Gründen für eine möglicherweise gesunkene Libido der Frau gehören verschiedene Faktoren, die mit der neuen Rolle als Mutter, zusammenhängen.

  • Viele Mütter fühlen sich in der ersten Zeit nach der Geburt in ihrem Körper etwas fremd. Der Bauch ist plötzlich weg, die Hormone noch durcheinander. Auch das Stillen will gelernt sein und erfordert Zeit und Geduld, besonders wenn es nicht auf Anhieb klappt oder sich gar eine Brustentzündung einstellen sollte. Das Erlernen der neuen Rolle als Mutter ist auch mit viel Unsicherheit behaftet.

  • Auch ist für manche Frauen das zeitlich intensive und sehr intime Zusammensein mit dem Baby Körperkontakt genug – oder phasenweise auch etwas gar viel. Der Wunsch nach körperlichen Nähe mit dem Partner steht in Konkurrenz zum Wunsch nach körperlicher Ruhe und Alleinsein. Das ist keine Entscheidung der Frau gegen den Partner, sondern eine Entscheidung für sich.

  • Manche Frauen fühlen sich nach der Geburt auch nicht besonders attraktiv. Sei dies wegen einiger Zusatzpfunde, sei es weil fürs gewohnte oder gewünschte Styling kaum Zeit bleibt. Auch brauchen manche Frauen etwas Zeit, sich wieder daran zu gewöhnen, sich sexuell berühren zu lassen. Die ideale Vorbereitung darauf ist Kuscheln, Schmusen, einander beispielsweise die Füsse oder den Rücken massieren oder ganz einfach auf dem Sofa sitzen, zusammen reden oder einen Film sehen. Sollte die sexuelle Funkstille überdurchschnittlich lange anhalten, sollten Sie sich allerdings nicht scheuen, sich Hilfe zu holen.

Das hilft dem Körper

  • Ein Gleitmittel kann hilfreich sein, wenn der Damm nach einem Dammschnitt oder -riss druckempfindlich ist. Wählen Sie beim Sex auch eine Stellung, die möglichst wenig Druck auf die noch wunden Stellen der Frau ausübt.

  • Viele Frauen haben nach der Geburt eine trockene Vagina. Auch da ist ein Gleitmittel die richtige Wahl.

  • Mit gezielten Beckenboden-Übungen im Rahmen eines Rückbildungsturnens stärken Sie die Muskulatur der Vagina. Die Übungen helfen auch mit, den Kontakt zum eigenen Körper und der Intimzone wieder zu verbessern.

  • Pausen machen. Das Baby ist der Chef: Sie sind plötzlich 24 Stunden am Tag abrufbar. Das kann körperlich wie seelisch unglaublich anstrengend sein. Versuchen Sie da Kräfte zu schonen, wo es geht. Machen Sie tagsüber eine Pause oder ein Schläfchen, wenn auch das Baby schläft. Der Haushalt muss in dieser Zeit zurückstehen!

  • Essen Sie regelmässig, vitaminreich und trinken Sie viel. Auch das ist enorm wichtig, um den vielen, neuen Anforderungen gewachsen zu bleiben.

Wann ist der richtige Zeitpunkt

Den richtigen oder «normalen» Zeitpunkt, um nach der Geburt eines Kindes wieder Sex miteinander zu haben, den gibt es nicht. Diesen Moment bestimmt jedes Paar für sich. Häufig wird empfohlen abzuwarten, bis der Wochenfluss beendet ist. Doch manche Paare warten länger – mehrere Monate, auch bis zu einem Jahr.

Wichtig ist, dass das Paar sich in dieser Phase über seine Gefühle und Bedürfnisse offen austauscht. Gegenseitige Wertschätzung und der Austausch von Zärtlichkeit ist in dieser Phase besonders wichtig. Wer in dieser Zeit bewusst die Partnerschaft und nicht die Sexualität in den Fokus stellt, ist auf dem richtigen Weg zurück zu einer erfüllten Sexualität.

Autorin und Redaktion: Katharina Rederer
Quellen
  • babycenter.ch

  • Guy Bodenmann, Caroline Brändli: «Was Paare stark macht», Beobachter Buchverlag, 2010