Gefährliche Ambrosia unter Kontrolle

Ambrosia-Pollen gehören zu den stärksten Allergieauslöserinnen überhaupt. Seit einigen Jahren wird die Pflanze in der Schweiz bekämpft. Ausgerottet ist sie noch nicht, aber unter Kontrolle.

Tränende Augen, Schnupfen bis Atemnot: Ambrosiapollen können heftige allergische Reaktionen auslösen. Eine einzige blühende Pflanze produziert bis zu einer Milliarde Pollen, und schon kleinste Mengen davon setzen Allergikerinnen und Allergikern zu. Zudem sind die Pollen sehr klein. So gelangen sie leicht in die unteren Atemwege und können Asthma verursachen.

Bekämpfung wirkt

Sereina de Zordo, Projektleiterin und Beraterin von aha! Allergiezentrum Schweiz: «Doch dank der Meldepflicht und jahrelangen Bekämpfung ist Ambrosia unter Kontrolle.» Das bestätigt auch Experte Christian Bohren von der Forschungsanstalt Agroscope in Changins ACW: «Sie ist zwar noch nicht ausgerottet, aber wir haben hierzulande ein sehr tiefes Verseuchungsniveau.» Der Korbblütler komme lediglich noch vereinzelt auf Ackerfeldern oder an Waldrändern in den Kantonen Genf, Zürich, Bern und Waadt vor.

Im Kampf gegen das schädliche Gewächs arbeiten die kantonalen Pflanzenschutzstellen eng und erfolgreich mit den Verantwortlichen der Landwirtschaft zusammen. Trotzdem sind schätzungsweise acht Prozent der Schweizer Bevölkerung auf Ambrosia sensibilisiert. De Zordo: «Eine Sensibilisierung bedeutet aber nicht automatisch, dass der Betroffene Symptome verspürt.»

Pollen aus dem Ausland

Allergische Reaktionen kommen vorwiegend im Tessin und in der Westschweiz vor. «Ambrosia ist in unseren Nachbarländern, vor allem in Frankreich und Italien, noch weit verbreitet», sagt de Zordo. In Ungarn ist sie laut Bohren sogar das Unkraut Nummer Eins. Je nach Wind und Wetter können die aggressiven Pollen 200 Kilometer und weiter fliegen – und machen vor der Schweizer Grenze keineswegs halt.

Hauptpollenflugzeit ist August und September. Die Blütezeit dauert ab Juli bis zum ersten Frost im Herbst. Bei Verdacht auf eine Ambrosia-Allergie empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit (BAG), einen Arzt aufzusuchen.

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Von Nordamerika nach Europa

Eigentlich ist die Ambrosia artemisiifolia keine Europäerin. Ihre Heimat ist Nordamerika. Die Samen der Pflanze wurden durch den Erdmaterial-Transport, verschmutzte Autos und besonders durch verunreinigtes Vogelfutter verteilt. So hat sich Ambrosia in den letzten 20 Jahren stark in Europa ausgebreitet, auch im Balkan, in Deutschland und Österreich.

In der Schweiz fasste sie zum Beispiel auf Genfer Feldern Fuss, im Südtessin entlang der Autobahn und vereinzelt in Hausgärten. «Mit Bekämpfungsmassnahmen wie Herbiziden, sauberem Vogelfutter und einer Meldepflicht bekam man das Unkraut in der Schweiz ab etwa 2007 in den Griff», sagt Bohren.

Käfer frisst Ambrosia

Eine weitere Waffe im Kampf gegen Ambrosia könnte der Käfer Ophraella communa sein. 2013 wurde er von Experten in Italien entdeckt und lebt auch im Tessin. Forscher vermuten, dass der in Nordamerika beheimatete Käfer über den internationalen Flughafen Milano Malpensa nach Norditalien und in die Südschweiz gelangte.

Ophraella communa frisst Ambrosia und dezimiert den Bestand der Pflanze ganz natürlich. «Und enorm», sagt Prof. Heinz Müller-Schärer, Biologe der Universität Freiburg. Er will beweisen, dass der Käfer nur dort wirkt, wo er erwünscht ist und nicht über andere Pflanzen herfällt. Müller-Schärer hat bereits mehrere erfolgreiche Experimente durchgeführt.

Wenigstens ein Fan hat die allergieauslösende Ambrosia: Ophraella communa. Der Käfer mag sie zum Fressen gern.

80 Prozent weniger Pollen

Untersuchungen haben gezeigt, dass dort, wo das Krabbeltier sich niedergelassen hatte, die Ambrosia an gewissen Orten komplett zerstört wurde. «In diesen Regionen hat auch die Pollenkonzentration seit 2013 konstant um 80 Prozent abgenommen», sagt Müller-Schärer. «Ich bin überzeugt, dass Ophraella communa eine sehr effiziente und dauerhafte Massnahme gegen Ambrosia ist und anderen Pflanzen nicht schadet.» Doch erst wenn das definitiv bewiesen ist und der Käfer amtlich bewilligt wird, dürfen Experten ihn willentlich aussetzen. Ob hier oder im Ausland.

Heuschnupfen – gut zu wissen

Kreuzreaktionen
Bei den meisten Pollenallergien kommt es zu Kreuzreaktionen mit anderen Pflanzen oder Lebensmitteln. Eine Kreuzreaktion ist eine Gruppen-Allergie. Das Immunsystem unterscheidet aufgrund ähnlicher Proteinstrukturen nicht zwischen zwei Pollenarten oder zwischen Pflanzen und Nahrungsmitteln.

Betroffene reagieren auf mehrere Substanzen gleichzeitig allergisch, also auf ähnliche oder verwandte Proteine. So sind bei der Ambrosia Kreuzreaktionen mit anderen Korbblütlern, Gräsern sowie Melonen und Bananen bekannt.

Prävention
Heuschnupfen-Geplagte können mit Medikamenten und Verhaltensregeln, Symptome vorbeugen oder lindern.

Behandlung
Bei Heuschnupfen hilft oft auch eine Immuntherapie oder Desensibilisierung. Durch diese Behandlung soll sich der Körper langsam an den allergieauslösenden Stoff gewöhnen. Wie Sie akute Symptome behandeln können, lesen Sie hier.

Autorin und Redaktion: Vanessa Naef
Quellen
  • aha.ch / Sereina de Zordo, Projektleiterin und Beraterin von aha! Allergiezentrum Schweiz

  • unifr.ch / Prof. Heinz Müller-Schärer, Biologe der Universität Freiburg

  • Christian Bohren von der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW

  • ambrosia.ch