Laufanalyse für gesundes Joggen
Senk- Knick- oder Normalfuss? Lauflegende Markus Ryffel zeigt, wie Sie den optimalen Trainingsschuh finden und worauf Sie beim Joggen achten sollten.
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Laufen – die einfachste Sache der Welt. Schuhe schnüren und losrennen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Um beschwerdefrei Joggen zu können, braucht es mehr als nur irgendeinen Schuh. Experten empfehlen vor dem Kauf eine Laufanalyse. Sie gibt Auskunft über die Fussform, den Laufstil und deckt allfällige Fehlstellungen auf. Ich vertraue meine Füsse Markus Ryffel an. Er gilt bis heute als der erfolgreichste Schweizer Langstreckenläufer. Ryffel gewann Medaillen an olympischen Spielen und ist 19-facher Schweizermeister über 3000 und 5000 Meter. Mitbringen musste ich einzig meine alten Laufschuhe, die er sich als erstes ansieht. An der Art, wie die Sohle abgerieben ist, erkennt er, ob ich gerade ablaufe oder nach innen oder aussen knicke. «Nichts Auffälliges», sagt er. Meine Beinachse ist also gerade. Dann nimmt er die Schuhsohlen genauer unter die Lupe. Im Bereich des Mittel- und Vorfusses sind sie am dünnsten.
Der Test auf dem Podest
Als nächstes steige ich barfuss auf eine Art Podest mit einer Glasplatte. Dieses «Video-Podoskop» überträgt das Bild der Füsse auf einen Bildschirm. So kann der Experte Fussform- und stellung beurteilen. Habe ich einen normalen Fuss oder einen Hohl- Spreiz- Knick- oder Plattfuss? Ryffels Schluss: Links normal, rechts ein leichter Platt- oder Senkfuss. Das bedeutet, das Fussgewölbe hat sich leicht abgesenkt. Ryffel befindet, die minimale Deformation sei noch im Normalbereich. Dann lässt er mich auf dem Podest eine Kniebeuge machen. Zuerst auf beiden Beinen, danach einbeinig. Es geht darum herauszufinden, ob die Fussgelenke gerade bleiben oder einknicken. Bei der einbeinigen Kniebeuge rechts kippt mein Knöchel leicht nach innen. «Hier ist die Beinmuskulatur schwächer», sagt Ryffel. Weil sonst aber alle Befunde unauffällig sind, braucht mein Laufschuh keine speziellen Stützen, die ein Knicken nach innen verhindern.
Leichter Schuh, starke Fussmuskeln
Waren Laufschuhe früher eher klobig mit viel Dämpfungsmaterial an den Fersen, sind sie heute wesentlich leichter. Der Unterschied zwischen dem hinteren und dem vorderen Schuhteil, die «Sprengung», ist unter einem Zentimeter, während sie früher weit darüber war. Die Erfahrung zeige, sagt Ryffel, «dass zu viel dämpfende und stützende Elemente die Fussmuskulatur verkümmern lässt». Das verursache Läufern Beschwerden. «Heute wissen wir, dass eine starke Muskeln an Füssen und Unterschenkeln wichtig sind für einen kräftesparenden Laufstil.» Zwei Schuhmodelle stehen für mich zur Auswahl. Wichtig ist, dass die Schuhe gross genug sind. Die Zehen sollen sich frei bewegen können, die Ferse aber gut fixiert sein, um genügend Halt zu haben. Auf die Theorie folgt der Praxistest. Ich trabe etwa 20 Meter die Gasse hinauf und hinunter. Es fühlt sich gut an. Doch Markus Ryffel bemängelt: «Sie laufen zu stark auf dem vorderen Fussbereich.» Tatsächlich war mir nicht bewusst, dass meine Fersen den Boden nie ganz berühren. Mein Laufstil sei dem einer Sprinterin ähnlich. So kann ich zwar schnell laufen, aber nur kurze Strecken. Für lange Distanzen ist das laut Ryffel nicht ideal, weil es die Muskulatur, Bänder und Sehnen zu stark belastet. Kein Wunder, dass ich in den letzten Monaten nach dem Laufen Schmerzen in den Beinen hatte. «Korrekt wäre es, den Fuss möglichst gerade und ganzflächig aufzusetzen, dann aber sofort mit dem Vorfuss kräftig abzustossen», erklärt Experte Ryffel. Wer barfuss über weichen Grund läuft, setzt seine Füsse automatisch so auf und nutzt damit die körpereigenen Federungs- und Dämpfungsmechanismen der Muskeln und Gelenke. So werden Schläge weich abgefangen. Dieser Laufstil heisst «aktives Laufen». Tritt der Läufer hingegen zuerst mit der Ferse auf, lässt er sich passiv «in den Schritt hineinfallen». Die Schläge gehen ungedämpft durch den Körper und belasten die Gelenke stärker. Das muss nicht zwangsläufig zu Schäden führen. Wie Ryffel sagt, gibt es langjährige Fersenläufer, die keinerlei Probleme haben. Am gesündesten sei es, während des Laufens die Technik zu wechseln. Mal auf dem Mittelfuss oder ganz über die Ferse. Um ein Gefühl für den ökonomischen Laufstil zu bekommen rät Ryffel: «Ziehen Sie nach dem Training Schuhe und Socken aus und laufen Sie barfuss einige Runden auf einem Fussballplatz oder einer Finnenbahn.»
Krafttraining gehört dazu
Der beste Laufschuh alleine genügt aber nicht. Laut Ryffel ist er nur zu 49 Prozent für eine gesunde Lauftechnik verantwortlich. Den Rest, mehr als die Hälfte, muss die Muskulatur besorgen. Daher ist Krafttraining Pflicht: «Nur mit genügend starken Muskeln an Füssen, Beinen und der Körpermitte kann man Rücken- und Gelenkschäden wirksam vorbeugen.» Stärkere Muskeln lassen sich einfach im «Fitnesscenter zu Hause» aufbauen. Seilspringen zum Beispiel fördert sowohl Gleichgewicht und Kraft als auch Koordination. Rumpfstabilitätsübungen kräftigen die Bauch- und Rückenmuskeln. Jeweils 20 Minuten im Anschluss an die Laufeinheit sind optimal. Mit diesen Tipps von Markus Ryffel und den neuen Laufschuhen bin ich jetzt bestens für mein Training ausgerüstet.