Blut – vom Spender zum Empfänger

Direkt von der Vene des Spenders in den Körper des Empfängers? Ganz so flott geht es nicht mit gespendetem Blut.

Rund 760 Blutspenden werden in der Schweiz täglich benötigt. Ohne dieses freiwillig gespendete Blut würden viele Krebspatienten, Unfallopfer oder frisch Operierte nicht überleben, denn Blut kann nicht künstlich hergestellt werden. «Es ist also lebenswichtig, dass gespendet wird», sagt Anita Tschaggelar, Leiterin Blutspendedienst bei der Blutspende SRK Schweiz.

Blutspende in der Schweiz

  • Im Schnitt werden pro Tag rund 760 Blutspenden benötigt

  • 80 Prozent der Bevölkerung sind mindestens einmal im Leben auf eine Blutspende oder ein Produkt, das daraus entsteht, angewiesen.

  • 2,5 Prozent der Menschen in der Schweiz spenden regelmässig Blut.

Das Spenden

Es gibt verschiedene Arten von Blutspenden: Bei der Thrombozytenspende werden dem Spender mit einem Zellseparator Blutplättchen (Thrombozyten) entnommen, die anderen Blutbestandteile kommen zurück in den Körper. Bei der Plasmaspende wird nur das Plasma entnommen. «Die häufigste Spende ist aber die klassische Vollblutspende», sagt Anita Tschaggelar. Dabei werden dem Spender oder der Spenderin ca. 450 Milliliter Blut abgenommen sowie ein paar Teströhrchen gefüllt.

Test auf Krankheiten

Die Teströhrchen gehen zur Kontrolle in ein Labor, wo sie auf Hepatitis A, B, C und E, auf HIV und auf Syphilis getestet werden. Das ist sehr wichtig, damit die Empfänger des Blutes sich nicht anstecken. Natürlich werden auch die Spender informiert, wenn einer der Tests positiv ausfällt. «Aber wir können das Blut nicht auf alle denkbaren Krankheiten hin untersuchen», sagt Tschaggelar. «Es ist darum sehr wichtig, dass alle den Fragebogen, den sie vor der Spende erhalten, wahrheitsgemäss ausfüllen.» Wird jemand aufgrund des Fragebogens nicht zur Spende zugelassen, dann darum, weil das Risiko für ihn selber oder den Empfänger zu gross wäre.

Wer kann spenden?

Wer in der Schweiz Blut spenden möchte, muss ein paar wichtige Voraussetzungen erfüllen:

  • Guter Gesundheitszustand

  • Alter: 18–60 Jahre (Erstspender), Mehrfachspender bis 75

  • Mindestens 50 kg schwer

  • Keine grösseren Operationen und keine Geburt in den letzten zwölf Monaten

  • Keine Risikosituationen (Drogen, neue und wechselnde Sexualpartner)

  • Keine Routineuntersuchung beim Zahnarzt oder DH-Behandlung in den letzten 72 Stunden

  • Keine Magen- oder Darmspiegelung innerhalb der letzten vier Monate

  • Keine Einnahme bestimmter Medikamente wie beispielsweise Immunsuppressiva

  • Keine Reisen/Aufenthalte in Ländern mit spezifischen Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Malaria in den letzten sechs Monaten

  • Keine Tätowierungen, kein Permanent-Make-up oder Piercings innerhalb der letzten vier Monate

  • Keine Aufenthalte im Vereinigten Königreich (UK) von mehr als sechs Monaten zwischen 1980 und 1996. Damals war Grossbritannien stark vom Rinderwahnsinn BSE betroffen. Auch Menschen starben deswegen an der Creutzfeld-Jakob-Krankheit.

  • Keine Bluttransfusion erhalten seit 1980

Im Labor

All jene Beutel mit Spenderblut, die negativ auf Krankheiten getestet wurden, werden jetzt aber nicht etwa direkt ins Spital geliefert. Auch sie kommen zuerst in ein Labor. Dort wird das Blut per Zentrifuge in seine Bestandteile aufgeteilt: Den grössten Teil macht das Blutplasma aus. Ausserdem trennen sich die roten Blutkörperchen (Erythrozytenkonzentrat) sowie die Blutplättchen (Thrombozytenkonzentrat) ab.

Blut hält nicht lange

Und jetzt fängt die Uhr an zu ticken, denn die einzelnen Produkte sind nicht sehr lange haltbar. Das Erythrozytenkonzentrat hält sich 49 Tage, Thrombozytenkonzentrat nur sieben. Einzig das Plasma kann man einfrieren, so kann man es zwei Jahre lang aufbewahren. «Grosse Lagerbestände können wir also nicht anlegen», sagt Tschaggelar. «Darum sind wir immer wieder auf neue Spenden angewiesen. Wir wollen ausserdem immer nur so viel Blut einlagern, wie wir brauchen, damit wir möglichst wenig entsorgen müssen.» Heute landen nur etwa 1,4 Prozent des gespendeten Blutes im Abfall. «Meistens seltene Blutgruppen, die wir entsprechend selten brauchen, aber die wir natürlich auch vorrätig haben müssen.»

Tipps zur Blutspende

  • Trinken Sie vor der Spende mindestens 1 bis 1,5 Liter.

  • Essen Sie einige Stunden vor der Spende nichts Fetthaltiges, spenden Sie aber auch nicht mit nüchternem Magen; ein kleiner Imbiss ist genau richtig.

  • Keine grossen körperlichen Anstrengungen vor und nach der Blutspende.

  • Unmittelbar nach der Spende ruhen, trinken und eine Kleinigkeit essen.

  • Genügend Zeit nehmen! Die erste Spende dauert mindestens eine Stunde, weil die Abklärungen zum Gesundheitszustand beim ersten Mal ausgiebiger sind und länger dauern als in der Folge.

Im Spital

Nachdem das Blut aufgeteilt, verpackt und beschriftet ist, kommen die einzelnen Blutbestandteile nach einem bestimmten Verteilschlüssel in die Spitäler, wo jedes Produkt für ganz unterschiedliche Zwecke verwendet wird.

«Am häufigsten werden die Erythrozytenkonzentrate gebraucht», sagt Anita Tschaggelar. Sie kommen bei Operationen, Unfällen mit grossem Blutverlust oder auch bei Blutarmut zum Einsatz. Thrombozytenkonzentrate werden bei Patienten verwendet, deren Plättchenbildung gestört ist, beispielsweise bei Leukämie. Das Blutplasma schliesslich wird bei Gerinnungsstörungen oder auch bei Autoimmunerkrankungen verwendet.

Das meiste gespendete Blut wird zur Behandlung von Krebspatienten benötigt. Es folgen Erkrankungen des Herzens, Magen- und Darmkrankheiten, Sport- und Verkehrsunfälle sowie Organtransplantationen.

Spende von Blutstammzellen

Stammzellen sind eine Art Ur- oder Vorläuferzellen. Ihre Entwicklung ist noch nicht festgelegt, sie können unter Einfluss verschiedener Faktoren alle Zelltypen des Körpers bilden. Bereits seit Jahrzehnten werden Stammzellen transplantiert, um schwere Krankheiten des Blutes zu behandeln, beispielsweise Leukämie. In einigen Fällen werden die Stammzellen dem Kranken selbst entnommen und beispielsweise nach einer Chemo- oder Strahlentherapie zurücktransplantiert. Es können auch Stammzellen von Spendern verwendet werden. Auch das Blut aus der Nabelschnur Neugeborener enthält Blutstammzellen. Die Entnahme von Nabelschnurblut ist schmerzfrei und ohne Risiken für Mutter und Kind. Das Nabelschnurblut wird nach der Entnahme tiefgefroren und kann langfristig in Nabelschnurblutbanken eingelagert werden. Dieses Blut kommt später meistens Kindern mit Leukämien oder genetischen Erkrankungen zugute, aber auch Erwachsene erhalten immer öfter Nabelschnurblut.

Verwenden statt wegwerfen

Blutplasma wird nicht so oft gebraucht, es macht aber den grössten Teil des Blutes aus. Es bleibt also relativ viel Plasma übrig, das nach Ablauf der Haltefrist als medizinischer Abfall vernichtet werden muss. «Anstatt das nicht benötigte Plasma teuer zu entsorgen, wird es an Firmen geliefert, die daraus Heilmittel herstellen. Mit dem Erlös können wir einen Teil unserer Ausgaben decken und dieses Geld hilft, den Preis der Erythrozytenkonzentrate niedrig zu halten», erklärt Anita Tschaggelar. «Müssten wir das Plasma vernichten, würde auch der Blutbeutel teurer.»

Kein Geld für Spender

Die Spender bekommen übrigens kein Geld für ihr Blut. Internationale Studien zeigen, dass dies ein wesentlicher Sicherheitsfaktor ist: Wer nichts an der Blutspende verdient, hat auch kein Interesse, etwas zu verheimlichen. Zudem ist es ethisch nicht zu verantworten, Menschen in finanzieller Notlage durch eine Entschädigung zur Blutspende zu motivieren.

Patient Blood Management

Heute erhalten die Patienten nur noch jene Bestandteile des Blutes, die sie tatsächlich benötigen. Der gezielte Einsatz von Bluttransfusionen in den Spitälern wird zusätzlich durch das sogenannte Patient Blood Managements (PBM) verbessert. Es basiert auf drei Massnahmen:

  • Behandlung einer Blutarmut vor planbaren Eingriffen

  • Möglichst rationaler Einsatz von Bluttransfusionen

  • Minimierung des Blutverlustes während und nach der Operation

Der zunehmende Einsatz des PBM zeigt sich auch in der Schweiz am deutlichen Rückgang beim Verbrauch von Erythrozytenkonzentraten und Plasma.

Autorin und Redaktion: Bettina Epper
Wissenschaftliche Kontrolle: Dr. phil. nat. Anita Finger Weber
Quellen