Schwangerschaftsgingivitis: Blutendes Zahnfleisch

In der Schwangerschaft kommt es schneller zu Zahn- und Zahnfleischproblemen wie Gingivitis oder Parodontitis. Für das ungeborene Kind kann das gefährlich werden.

Jedes Kind kostet einen Zahn – so lautet ein altbekannter wenn auch unwahrer Spruch. Tatsächlich aber sollten Schwangere besonders gut auf ihre Mundhygiene achten. Privatdozent Dr. Florian Wegehaupt, Wissenschaftlicher Abteilungsleiter des Bereichs Präventivmedizin und Orale Epidemiologie der Klinik für Zahnerhaltung am Zentrum für Zahnmedizin der Universität Zürich: «Die Hormonumstellung in der Schwangerschaft sorgt dafür, dass das Zahnfleisch stärker durchblutet, aufgelockert und empfindlicher wird. Das macht es anfälliger für Bakterienangriffe.»

Risiko einer Frühgeburt

«Werden die Bakterien nicht entfernt, können sie eine Zahnfleischentzündung verursachen», eine sogenannte Schwangerschaftsgingivitis. «Unbehandelt besteht die Gefahr, dass sich die Entzündung bis zu den Zahnknochen ausbreitet.» Eine solche Zahnbettentzündung heisst Parodontitis. Schlimmstenfalls fallen bei dieser Krankheit die betroffenen Zähne aus. Und: Eine Parodontitis kann dem ungeborenen Kind schaden. «Man hat beobachtet, dass das Risiko für eine Frühgeburt steigt oder dass das Baby unter Umständen untergewichtig auf die Welt kommt», sagt Wegehaupt. Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen: Die Parodontitis verursachenden Bakterien gelangen in die Blutbahnen und so in die Nähe des Fötus. Oder aber Entzündungsmediatoren können vorzeitig Wehen auslösen.

Signale einer Schwangerschaftsgingivitis

Eine Schwangerschaftsgingivitis erkennen Frauen daran, «wenn das Zahnfleisch beim Zähneputzen vermehrt blutet», sagt Wegehaupt. Das fiese: «Die Krankheit verläuft meist schmerzfrei. Daher wird sie oft nicht bemerkt. Das ist aber auch bei Nichtschwangeren so.» Die einzige Therapie ist eine gute Zahnreinigung. «Am besten lassen sich Betroffene professionell beraten, um herauszufinden, wie sie ihre Reinigungstechnik verbessern können.»

Gingivitis vorbeugen

Wenn eine Frau plant, schwanger zu werden, sollte sie am besten noch vor der Schwangerschaft zur Zahnkontrolle. «So kann sie vermeiden, dass irgendwelche Zahnbehandlungen oder Röntgenbilder gemacht werden müssen, wenn sie schon schwanger ist», sagt Wegehaupt. «Die Frauen erhalten auch individuelle Tipps für eine optimale Zahnreinigung, die Krankheiten vorbeugen». Grundsätzlich gilt in der Schwangerschaft aber nichts anderes als sonst auch: «Mindestens zwei -bis dreimal pro Tag die Zähne systematisch mit fluoridhaltiger Zahnpasta putzen und auch die Zwischenräume mindestens einmal am Tag mit Zahnseide oder Interdentalbürsten reinigen. Auch eine zucker- und säurearme Ernährung unterstützt die Zahngesundheit.»

Zahnpflege nach Erbrechen

Manche Frauen leiden unter Schwangerschaftserbrechen. Das kann den Zähnen schaden. Die Magensäure im Erbrochenen greift den Zahnschmelz an, wodurch es zu Zahnerosionen kommen kann. «Dabei lösen sich die Mineralien aus dem Zahn heraus, im Extremfall löst sich ein Zahn ganz auf», sagt Zahnarzt Dr. Florian Wegehaupt. «Menschen mit Zahnerosionen reagieren häufiger empfindlich auf Wärme, Kälte, Süsses und Saures.» Um Zahnerosionen zu vermeiden, sollten Sie nach dem Erbrechen nicht gleich die Zähne putzen. Am besten den Mund mit Wasser oder einer fluoridhaltigen Mundspülung ausspülen. Wasser verdünnt die Magensäure. Fluoride unterstützen die Remineralisierung des Zahnschmelzes und machen ihn wieder härter. Falls Sie abends erbrechen müssen, sollten Sie die Zähne vor dem Schlafengehen trotzdem putzen. «Man riskiert dann zwar, ein bisschen vom Zahn wegzubürsten, aber man beugt dafür Karies vor», sagt Wegehaupt.

Autorin und Redaktion: Vanessa Naef
Wissenschaftliche Kontrolle: Dr. phil. nat. Anita Finger Weber
Quellen
  • Privatdozent Dr. Florian Wegehaupt, Wissenschaftlicher Abteilungsleiter des Bereichs Präventivmedizin und Orale Epidemiologie der Klinik für Zahnerhaltung am Zentrum für Zahnmedizin der Universität Zürich