Gut einschlaften trotz Hitze

Hitzenächte: Schluss mit Wälzen!

Zu heiss, zu hell – und kaum eingeschlafen, ertönt das Summen einer Mücke und wir sind wieder hellwach. Viele schlafen im Sommer schlechter als sonst. Erfahren Sie, warum das so ist und was hilft!

Warme Sommernächte erschweren vielen das Ein- und Durchschlafen. Stundenlang wälzen wir uns von einer Seite auf die andere. Oder wir erwachen nachts schweissgebadet und können nicht mehr einschlafen. Dr. Cristina Zunzunegui, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Somnologin an der Klinik für Schlafmedizin KSM am Flughafen Zürich erklärt, was beim Menschen in Hitzenächten passiert – und was Einschlafprobleme lösen kann.

Dr. Cristina Zunzunegui, was tun Sie, um im Sommer besser ein- und durchschlafen zu können?

Cristina Zunzunegui: Ich komme ursprünglich aus Madrid und bin Hitze gewohnt. Dort wird es tagsüber locker über 40 Grad und nachts fällt das Thermometer nicht tiefer als auf 30 Grad. In Madrid habe ich das Schlafzimmer jeweils tagsüber mit dichten Vorhängen völlig abgedunkelt, damit es so kühl wie nur möglich blieb. Auch in der Schweiz mache ich das an sehr heissen Tagen. Und abends, wenn es kühler wird, öffne ich die Fenster. Ich muss aber auch zugeben, ich schlafe sehr gut, selbst wenn es warm ist.

Warum schläft der Mensch in heissen Nächten schlechter?

Das ist sehr komplex und hat mehrere Gründe. Damit der Mensch einschlafen kann, muss die Kerntemperatur des Körpers etwa um zwei Grad absinken. Das gelingt weniger gut, wenn es im Schlafzimmer heiss ist. Forscher haben zudem beobachtet: Erhöht sich die Kerntemperatur um ein Grad, etwa vier Stunden vor dem Zubettgehen, ist die Einschlafzeit kürzer und die Schlafqualität besser. Ebenfalls eine wichtige Rolle beim Einschlafen spielen die Blutgefässe in den Armen, Beinen, Füssen und Händen. Erweitern sich die Gefässe ausreichend, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass man besser einschläft, da sie in diesem Zustand viel Wärme abtransportieren.

Wie kann man die Körpertemperatur erhöhen oder senken?

Erhöhen können wir die Temperatur in den Extremitäten wie Armen und Beinen, indem wir zum Beispiel ein warmes Bad nehmen oder Sport treiben. Dann fliesst mehr Blut in die Muskeln. Senken können wir die Temperatur, indem wir an heissen Tagen beispielsweise lauwarm duschen oder abends kurz an die frische Luft gehen.

Noch andere Gründe, warum das Einschlafen bei Hitze oft schwerfällt?

Der Mensch ist im Schlaf sehr verletzlich. Ist etwas in seiner Umgebung bedrohlich wie zum Beispiel Hitze oder Kälte, kann er nicht entspannen und einschlafen. Das Gehirn signalisiert dann: ‹Etwas stimmt hier nicht. Such dir einen anderen, sichereren Ort›. Solche Impulse sind tief in uns verankert und sicherten einst unser Überleben.

Wer ist im Sommer am meisten von Schlafstörungen betroffen?

Klar, Personen, die sowieso schon eine Schlafstörung oder Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen haben. Der Einfluss der Temperatur auf den Schlaf ist wissenschaftlich noch kaum untersucht. Aber eine Studie aus den USA im Jahr 2017 hat gezeigt, dass vor allem ältere Menschen und Menschen mit niedrigem Einkommen in warmen Nächten nicht gut schlafen können. Wahrscheinlich fühlen sich ärmere Menschen häufig gestresst.

Warum ältere Menschen?

Im Alter schüttet der Körper weniger des Schlafhormons Melatonin aus, das müde macht. Deshalb ist die Schlafkontinuität auch nicht so gut. Ältere Menschen schlafen auch häufiger tagsüber, was das Einschlafen am Abend erschweren kann.

Was empfehlen Sie, wenn jemand nicht einschlafen kann oder mitten in der Nacht hellwach ist?

Man kann sich nicht zum Schlafen zwingen. Oft hilft es, wenn man aufsteht und etwas Ruhiges macht. Zum Beispiel ein Buch lesen oder auf den Balkon sitzen und die kühle Luft geniessen. So kommt man auf andere Gedanken, fährt ein bisschen runter und schläft dann besser ein, weil man entspannter ist.

Was, wenn jemand die ganze Nacht nicht schlafen kann?

Das ist natürlich unangenehm. Aber es hilft zu wissen, dass in diesem Fall keine gesundheitlichen Folgen entstehen und auch sonst nichts Schlimmes passiert. Klar, man ist am nächsten Tag müder als sonst und alles wird anstrengender. Aber man verliert deshalb nicht seine Arbeit. Oder besteht die Prüfung nicht. Das sind manchmal so belastende Gedanken, die Betroffene haben, wenn sie nicht schlafen können.

Und wenn man gleich mehrere Nächte hintereinander nicht schlafen kann?

Dann wird es sehr anstrengend. Ein paar praktische Tipps können helfen, dass man besser einschläft. Wenn bereits eine Schlafstörung vorliegt oder es gar nicht mehr geht, kann man sich in einer Klinik für Schlafmedizin Hilfe holen.

Was ist die perfekte Ein- und Durchschlaftemperatur im Schlafzimmer?

Man sagt zwischen 18 und 22 Grad. Aber das ist sehr individuell. Und ab zirka 26 Grad wird es für den Menschen oft schwieriger einzuschlafen.

Ist das für beide Geschlechter so?

Bei den Frauen verändert sich das Wärme- und Kälteempfinden im Verlaufe des Zyklus. Das hängt mit der Produktion des weiblichen Hormons Östrogen zusammen. Während des Eisprungs ist der Östrogenspiegel am höchsten. Zu dieser Zeit fliesst weniger Blut in Beine, Arme, Hände und Füsse, aber dafür mehr Blut in die überlebenswichtigen Organe. In der Theorie können Frauen so ihre Kerntemperatur stabiler halten. Das sorgt dafür, dass im Fall einer Schwangerschaft das Kind warm genug hat. Deshalb bekommen viele Frauen schneller kalte Hände und Füsse als Männer.

Wie ergeht es Babys in heissen Nächten?

Die körpereigene Thermoregulation, die dafür sorgt, dass die Kerntemperatur stabil bleibt, ist noch nicht vollständig entwickelt. Deswegen müssen Eltern immer aufpassen, dass ihr Baby nicht zu viel schwitzt und Flüssigkeit verliert oder umgekehrt: dass es in kühlen Nächten gut zugedeckt ist und nicht friert.

Im Sommer ist es abends länger und morgens früher hell. Wie beeinflusst das Licht den Schlaf?

Um gut einschlafen zu können, produziert der Körper das Schlafhormon Melatonin. Wird dieses von der Pinealdrüse im Gehirn ausgeschüttet, werden wir schläfrig. Wenn aber Licht über die Augen ins Gehirn gelangt, hemmt das die Melatonin-Ausschüttung, was wach macht. Das passiert zum Beispiel am Morgen. Wird es draussen hell, sinkt der Melatoninspiegel und wir erwachen. Ist es hingegen dunkel und grau, wie oft im Herbst und Winter, fällt es einem schwieriger, aus den Federn zu kommen. Im Sommer empfehle ich deshalb, das Schlafzimmer möglichst abzudunkeln.

Wie beeinflussen sommerliche Aktivitäten den Schlaf?

Wir essen abends vielleicht später, trinken draussen noch ein Gläschen Wein oder Bier oder machen wegen der Hitze später Sport. All das signalisiert dem Körper, dass es noch nicht Schlafenszeit ist. Der Körper bleibt aktiv. Weil viele morgens aber trotzdem früh aufstehen müssen, schlafen sie insgesamt weniger als in kühleren Jahreszeiten. Aber gleichzeitig sind viele im Sommer auch fröhlicher. Und merken deswegen die Folgen des Schlafmangels weniger stark.

Empfehlen Sie bei Schlafmangel einen Mittagsschlaf zu machen?

Ein Schläfchen tagsüber sollte so weit wie möglich von der abendlichen Einschlafzeit entfernt sein. Und nicht länger als 30 Minuten dauern, damit man nicht in den Tiefschlaf fällt. Sonst kann das Einschlafen am Abend schwerfallen, weil der Körper schon Schlaf getankt hat.

Ist für die Gesundheit die Schlafqualität entscheidender als die –quantität?

Ja. Jeder Mensch hat einen bestimmten Schlafbedarf. Der durchschnittliche Schlafbedarf beträgt pro Nacht zirka sieben bis acht Stunden. Aber alle sind anders. Es gibt Menschen, die mit sechs Stunden pro Nacht am nächsten Tag topfit sind, andere brauchen zehn Stunden Schlaf, um sich erholt und gut zu fühlen. Wichtig ist, nicht mehr zu schlafen, als man es braucht.

Warum?

Sonst verdünnt man den Schlaf. Er wird oberflächlicher statt tiefer. Um sich aber erholt zu fühlen, brauchen wir den Tiefschlaf. Deshalb ist es auch nicht per se ungesund, nur fünf oder sechs Stunden zu schlafen, sofern das die optimale Schlafdauer einer Person ist und sie genug Tiefschlafphasen hat.

Wie weiss jemand, wie viele Stunden Schlaf optimal sind?

Das muss man ausprobieren. Wer sich nach einer bestimmten Anzahl Stunden Schlaf noch müde fühlt, braucht eine andere Schlafdauer. Fühlt man sich morgens jedoch munter, war die Schlafdauer wahrscheinlich richtig. Der Schlafbedarf kann sich im Verlauf des Lebens übrigens verändern. Früher habe ich acht Stunden gebraucht, heute komme ich mit sieben klar.

13 Tipps, wie Sie besser ein- und durchschlafen!

Autorin und Redaktion: Vanessa Naef
Quellen
  • Dr. Cristina Zunzunegui, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Somnologin an der Klinik für Schlafmedizin KSM am Flughafen Zürich