So schadet Nikotin dem Gehirn

Über die Langzeitfolgen von Nikotin waren sich Forscher bislang nicht einig. Nun haben Wissenschaftler aus Bern und Zürich entdeckt, das die Folgen des Nikotins aufs Gehirn gravierender und langanhaltender sind als bisher angenommen.

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Die Entwicklung einer Nikotin-Sucht ist eine Art Lernprozess. Der Hirnbotenstoff Glutamat spielt dabei eine zentrale Rolle. Es ist bekannt, dass Glutamat bei der Entwicklung einer Nikotin- aber auch einer Kokainabhängigkeit eine wichtige Rolle spielt, wie Gregor Hasler, Professor und Chefarzt an den Universitären Psychiatrischen Diensten (UPD) Bern, festhält. Deshalb haben die Forschenden das Glutamat-System bei Rauchern, Ex- und Nichtauchern untersucht. Die Studie ergab, dass die Glutamat-Menge im Gehirn von Rauchern im Durchschnitt um 20 Prozent tiefer als bei Nichtrauchern ist, in einzelnen Hirnregionen sogar um bis zu 30 Prozent. Auch Ex-Raucher, die im Durchschnitt 25 Wochen abstinent waren, zeigten eine Reduktion des Glutamat-Vorkommens um 10 bis 20 Prozent.

«Diese Veränderung des Glutamat-Systems bei Rauchern ist im Ausmass und in der Verteilung weit grösser, als man bisher angenommen hat», sagt Hasler. Besonders unerwartet sei, dass die Erholung des Glutamat-Systems offenbar sehr viel Zeit in Anspruch nehme: «Es ist wahrscheinlich, dass die äusserst langsame Normalisierung des Glutamat-Systems mit ein Grund für die sehr hohen Rückfallraten bei Ex-Rauchern ist.»

Hoffnung für die Zukunft

Die Forscher setzen in die neugewonnenen Erkenntnisse die Hoffnung, dereinst ein Medikament entwickeln zu können, das Menschen bei der Raucherabstinenz unterstützen könnte. Solche Medikamente dürften ausserdem das Potenzial aufweisen, sowohl das Rückfallrisiko, die Entzugssymptome wie auch andere psychische Folgen des Nikotinkonsums zu reduzieren.

Wieso der Kampf gegen das Rauchen wichtig ist: Jedes Jahr sterben gemäss der Weltgesundheitsorganisation weltweit fünf Millionen Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Und man geht davon aus, dass es im Jahr 2030 bis zu zehn Millionen sein werden. Die Gesundheitskosten, die in der Schweiz durch das Rauchen entstehen, werden auf zehn Milliarden Franken pro Jahr geschätzt.

Die Abhängigkeit von Nikotin ist oft schwerwiegend: Bis zu 90 Prozent der Raucherinnen und Raucher finden es «sehr schwierig oder schwierig», auf Nikotin zu verzichten. Drei Viertel versuchen aufzuhören, aber nur wenigen gelingt es. Grund für das Scheitern dürften folgende Eigenschaften des Nikotins sein: Nikotin verursacht im Gehirn eine sowohl stimulierende wie auch beruhigende Wirkung und kann kurzfristig die Konzentrationsfähigkeit verbessern. Bei wiederholtem Nikotinkonsum kommt es zur Toleranzbildung. Das heisst, die positiven Wirkungen werden schwächer und der Verzicht auf Nikotin führt oft zu Entzugssymptomen wie Unruhe, Gereiztheit, Angst, Lustlosigkeit, Kopfschmerzen, Schlafproblemen, Konzentrationsstörungen, Hungergefühl und Gewichtszunahme. All diese Begleiterscheinungen machen den Erfolg auf Abstinenz zusätzlich schwierig.

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Autorin und Redaktion: Katharina Rederer