Waldbaden
Die Japaner schwören schon lange aufs Waldbaden. Und auch hierzulande gibt es viele, die überzeugt sind: Wer sich regelmässig in Wäldern aufhält, tut Körper und Geist Gutes.
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Im Wald leben nicht nur Fuchs und Hase, sondern auch Hexen, Räuber und böse Geister! Mystiker und Förster Sam Hess kann über solche Schauermärchen nur lachen. Hess organisiert regelmässig Waldseminare und führt dabei Teilnehmende in die Faszination Wald ein. «Natürlich bekomme ich mit, dass sich gewisse Leute im Wald fürchten, weil sie mit solchen Geschichten gross geworden sind. Dabei gibt es nichts Friedlicheres als den Wald», sagt der gelernte Förster.
Heilsamer Wald
Der Wald kann aber noch viel mehr. «Bei mir kam das Aha-Erlebnis, als ich nach der Diagnose einer schweren Krankheit immer mehr Zeit mit den Bäumen verbrachte. So konnte ich mich langsam erholen und komplett genesen.» Die heilende Wirkung des Waldes wurde mittlerweile mit wissenschaftlichen Studien untermauert. Die Luft ist reiner und besser, da sie im Gegensatz zu städtischer Luft weniger Schadstoffe und Staub enthält.
Ausserdem findet man, davon ist Hess überzeugt, im Wald zu sich selber zurück. «Immer wieder beobachte ich, wie die Teilnehmer eines Waldseminares zur Ruhe kommen, den hektischen Alltag hinter sich lassen können.» Sich anschliessend konkret mit den eigenen Wünschen, Träumen und Hoffnungen auseinanderzusetzen, fällt vielen in dieser friedlichen und geerdeten Umgebung leichter. Somit ist Wald auch Balsam für die Seele.
Tipps fürs Waldbaden
Spazieren Sie gemütlich durch den Wald. Wichtig ist, dass Sie sich körperlich nicht zu sehr verausgaben.
Legen Sie Pausen ein.
Achten Sie auf die Geräusche, die Sie hören, die Farben, die Sie sehen, darauf, wie es riecht. Atmen Sie tief ein und aus. Die Luft im Wald soll besonders gesund sein.
Wenn Sie sich müde fühlen, setzen Sie sich hin und trinken etwas.
Bleiben Sie so lange im Wald, wie Sie sich wohlfühlen.
Lassen Sie störende Elemente wie das Smartphone zu Hause, oder zumindest gut verstaut in einer Tasche oder im Rucksack.
Alle Sinne gebrauchen
Sam Hess ist überzeugt, dass sich im Wald einmalige Heilkräfte finden. «Bäume sind die ältesten und grössten Lebewesen der Erde, von denen gewaltige Energien ausgehen. Wir Menschen müssen nur offen dafür sein, um mit ihnen in Kontakt zu treten.» Oft würden gerade jene Teilnehmer, welche das «Mysterium» Wald am Anfang belächelten, irgendwann gar nicht mehr aus dem Wald hinaus wollen. «Das ist ja das Schöne. Einmal im Wald angekommen, vergisst man die Zeit. Es gibt so vieles zu entdecken, zu riechen, zu hören. Man kann sich mit allen Sinnen dem Wald hingeben.»
Sam Hess selber geht, so oft es geht, in den Wald, um zu meditieren. Weil er schon mit seinem Vater, einem Wildhüter und Förster, häufig im Wald war, hat er von Kindesbeinen an gelernt, die Umgebung genau zu beobachten, auf sich wirken zu lassen und mit ihr in Einklang zu kommen. «Der Wald ist Lebensraum für Fauna und Flora und somit ein faszinierender, lebendiger Fundus, den es zu entdecken gilt.»
Japan macht es vor
Nicht nur in der Schweiz, sondern auf der ganzen Welt hat das Waldbaden Beachtung gewonnen. Besonders in Japan. Dort schwört man auf die heilende Wirkung des «Shinrin-Yoku», was so viel heisst, wie «den Wald in sich aufnehmen». Weil mehrere Studien von japanischen Universitäten belegt haben, dass Waldbaden Blutzuckerspiegel und Blutdruck senken sowie das Stresshormon Cortisol im Speichel reduzieren kann, gibt es in Japan seit einigen Jahren speziell gekennzeichnete «Waldheilpfade». Hier können sich die Japaner bewusst auf das Abenteuer Wald einlassen, durch den Wald spazieren, den Geräuschen lauschen, die Bäume und Pflanzen beobachten und immer wieder kleine Pausen einlegen und innehalten.
Heilsames Holz
Auch in den Drogerien findet sich ein buntes Potpourri mit Produkten aus dem Wald. Viele der Heilpflanzen, die in Tees, Tinkturen oder Kapseln verarbeitet werden, stammen aus heimischen oder ausländischen Wäldern. Farnöle oder Harze werden ebenso angeboten wie speziell produzierte Naturprodukte für Raum, Körper und Geist, etwa aus Schweizer Arvenholz. Lassen Sie sich in Ihrer Drogerie beraten, das Spektrum ist breit, und es macht Freude, sich ein kleines Stück Wald – in welcher Form auch immer – nach Hause zu holen.
In der Ruhe liegt die Kraft
Weil für die umfangreichen Studien sowohl die Auswirkungen regelmässiger Wald- als auch Stadtspaziergänge verglichen wurden, sind sich die Wissenschaftler einig, dass Wälder heilsame und auf den Stress positive Effekte haben: Die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin sanken bei den Waldspaziergängern signifikant, während die Stadtspaziergänger keinen derartigen Effekt zeigten. Viele Verfechter des Waldbadens sind überzeugt, dass der Wald des Weiteren das Immunsystem stärkt und die Produktion der natürlichen Killerzellen ankurbeln kann. Killerzellen erkennen von Krankheitserregern befallene Zellen und kämpfen gegen sie an.
Was aber bei aller Euphorie fürs Waldbaden wichtig ist: Das Ab- und Eintauchen ist nur sinnvoll, wenn man sich dafür die nötige Zeit und Ruhe nimmt.
Redaktion: Bettina Epper
Wissenschaftliche Kontrolle: Dr. phil. nat. Anita Finger Weber
- Quellen
Drogistenstern
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Förster Sam Hess