Naturkosmetik: Die Heimat der Rohstoffe

Ob im Ozean, im Regenwald oder in der Wüste – auf der ganzen Welt wachsen Pflanzen mit besonderen Eigenschaften. Solche exotischen Rohstoffe werden immer häufiger in Naturkosmetikprodukten verwendet.

In zertifizierter Naturkosmetik stecken Pflanzenöle und -extrakte. Die Rohstoffe dafür kommen aus der ganzen Welt. Theo Stalder, Schweizer Naturkosmetikfachmann und Inhaber der Firma Organicconsulting.ch: «Schätzungsweise über 400 Rohstoffe stehen Kosmetikherstellern heute zur Verfügung, und jede Woche werden neue entdeckt.» Die meisten kommen aus Europa und Mittelamerika, viele aber auch aus Südamerika, Afrika, Australien und Asien. Immer mehr dieser Rohstoffe sind Bio-zertifiziert oder gemäss Vorgaben der Labels aus kontrollierter Wildsammlung.

Exotische Rohstoffe im Trend

Stalder stellt einen Trend fest: «In Naturkosmetikprodukten stecken immer häufiger exotische Pflanzen.» Schliesslich erwarten Konsumentinnen und Konsumenten immer wirkungsvollere und lang anhaltendere Kosmetik. «Auf der Suche nach neuen Wirkstoffen dringen Wissenschaftler in unerforschte Gebiete vor oder profitieren vom überlieferten Wissen der Urvölker.»

Die Früchte des Cashewbaumes sind reich an Vitaminen, Mineralien und Antioxidantien und sollen Falten bekämpfen.

Exotische Alleskönner

Ein paar Beispiele exotischer Pflanzen in Naturkosmetik:

  • Bei den Bewohnern des Amazonas-Regenwaldes entdeckten Forscher zum Beispiel die Pracaxi-Samen. Das hochwertige Öl dieser Pflanze soll angeblich Falten, Akne und Schwangerschaftsstreifen reduzieren sowie Entzündungen mildern.

  • Die Cashew-Früchte und Acai-Beeren aus Brasilien werden als Antifaltenmittel eingesetzt.

  • Aus dem östlichen Afrika stammt die Fackellilie. Ihre Inhaltsstoffe sollen ebenfalls Falten bekämpfen. Menschen sammeln ihren Nektar für Kosmetikprodukte mühevoll von Hand.

Stalder: «Exotische Inhaltsstoffe machen in einer Emulsion aber meistens nicht den Hauptanteil aus, weil sie sehr teuer sind. Allerdings gibt es mehr und mehr auch Luxusnaturkosmetik mit einem höheren Anteil an exotischen Stoffen als andere Naturkosmetik.»

Schutz der Artenvielfalt

Damit die Natur unter der Forschung und Produktion für Naturkosmetik nicht leidet und lokale Gemeinschaften sowie Herkunftsländer nicht ausgenutzt werden, gibt es diverse internationale Richtlinien und Abkommen.

  • Zum Beispiel die Convention on Biological Diversity (CBD) mit dem Nagoya-Protokoll. Es regelt unter anderem den Zugang zu genetischen Ressourcen wie Pflanzen, das vorhandene Wissen darüber sowie die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich daraus ergebenen Vorteile. Ziel des Abkommens ist zudem, die Artenvielfalt und die nachhaltige Nutzung zu erhalten. Rund 90 Länder weltweit haben es unterschrieben – auch die Schweiz.

  • Die Artenvielfalt ist aber auch auf europäischer Ebene durch Verordnungen und Richtlinien geschützt. Mehr Informationen erhalten Sie auf der Internetseite der Europäischen Kommission.

So sind die Hersteller vernetzt

«Um an ihre Rohstoffe zu kommen, arbeiten Naturkosmetikhersteller manchmal eng mit Landwirten und Kommunen zusammen, je nach Firmenphilosophie und Anspruch», sagt Stalder. Oft seien diese in Fair-Trade-Projekte involviert und erhielten für ihre Arbeit einen fairen Lohn. Teilweise werden Rohstoffe von Produzenten selbst angebaut. «Besonders grosse Rohstoffmengen kaufen die Firmen allerdings im internationalen Rohstoffhandel ein. Manchmal erhalten sie sie dort günstiger.»

Naturkosmetikmarkt wächst

Der Naturkosmetikmarkt wächst und mit ihm der Bedarf an natürlichen Ressourcen. Laut Dr. Mark Smith, Generaldirektor des international tätigen und nicht gewinnorientierten Naturkosmetik-Verbandes NaTrue, ist es schwierig zu schätzen, wie viel Prozent des gesamten Kosmetikbedarfs die Natur- und Biokosmetik in rund 10 Jahren ausmachen wird. «Aber in den europäischen Hauptmärkten wie Deutschland wird der Naturkosmetikanteil in den kommenden Jahren bei etwa 10 Prozent liegen», sagt er. Zum Vergleich: Heute macht Naturkosmetik in Europa 4,1 Prozent aus.

Trotz der steigenden Nachfrage besteht laut Smith kein Risiko, dass die strengen Kriterien des Nagoya-Protokolls und der EU, die Flora und Fauna schützen, irgendwann gelockert werden müssen, um mehr produzieren zu können.

Autorin und Redaktion: Vanessa Naef
Quellen
  • Theo Stalder, Schweizer Naturkosmetikfachmann und Inhaber der Firma Organicconsulting.ch

  • Dr. Mark Smith, Generaldirektor des Naturkosmetik-Verbandes NaTrue

  • Europäische Kommission

  • www.cbd.int

  • Schweizer Informationssystem Biodiversität (SIB)