Feldenkrais

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1. Definition

Bei der Feldenkrais-Methode werden durch natürliche Bewegungen Fehlhaltungen korrigiert und so Beschwerden gelindert. Das Therapiekonzept ist zudem eng mit der Förderung der geistigen und seelischen Entwicklung verknüpft.

2. Philosophie

Das Konzept ist nach dem aus Russland stammenden Physiker Moshé Feldenkrais (1904–1984) benannt. In den 1940er-Jahren erlitt der passionierte Kampfsportler eine Knieverletzung, deren Heilung nicht wie gewünscht eintrat. Dies veranlasste ihn dazu, seine Bewegungsabläufe genau zu beobachten und zu verfeinern. Mit Hilfe sanfter Bewegungsübungen gelang es ihm schliesslich, wieder schmerzfrei zu laufen.

Motiviert von diesem Erfolgserlebnis entwickelte Feldenkrais ein Konzept, in dem Bewegung als Grundlage des menschlichen Handelns im Zentrum steht. Er ging davon aus, dass sich die Verhaltensmuster eines Menschen in seiner Körperhaltung und in seinen Bewegungen widerspiegeln. Feldenkrais hielt Bewegung für den besten Weg, um eine positive Persönlichkeitsveränderung zu erwirken. Er war davon überzeugt, dass ein Mensch, der lernt sich frei und natürlich zu bewegen, gleichzeitig sein Denken, Wahrnehmen und Fühlen verändert.

Durch Moshé Feldenkrais' Behandlung des israelischen Premierminister David Ben Gurion erlangte das Konzept in den 1950er-Jahren internationalen Bekanntheitsgrad. Mittlerweile ist Feldenkrais auf der ganzen Welt verbreitet. Verwandte Therapiemethoden sind Rolfing, Yoga und die Alexander-Technik.

3. Plausibilität des Konzepts

Dass es einen engen Zusammenhang zwischen psychischem Befinden und der körperlichen Verfassung gibt, ist aus wissenschaftlicher Sicht belegt. So scheint es plausibel, dass sich eine verbesserte Körperhaltung sowie bewusst ausgeführte Bewegungsabläufe auch auf die Psyche positiv auswirken können.

4. Belege für die Wirksamkeit

In der Literatur wird oft auf klinische Studien hingewiesen, die der Feldenkrais-Methode eine positive Wirkung bei Beschwerden wie Nacken- und Rückenschmerzen, Stress oder Multipler Sklerose zuschreiben – nicht alle Publikationen weisen jedoch darauf hin, wo und wann diese Studien durchgeführt wurden.

5. Praktische Anwendung

Feldenkrais ist für alle Altersklassen geeignet. Da es als pädagogisches Konzept und nicht als Therapieform verstanden wird, ist Feldenkrais keine Behandlung, sondern Unterricht. Unter Anleitung eines Lehrers beobachtet der Schüler seine Körperhaltung und seine Bewegungen. Ziel ist es, den Körper bewusst wahrzunehmen und zu erspüren, wo die Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Anschliessend wird das gewohnte Bewegungsmuster mit sanft ausgeführten Übungen optimiert.

Feldenkrais ist nicht darauf ausgerichtet, konkrete Beschwerden zu lindern. Werden dennoch Heilerfolge erzielt, wird dies von Feldenkrais-Lehrern im Allgemeinen als «Nebeneffekt» betrachtet. Trotzdem wird das Konzept unter anderem bei Gelenkbeschwerden, Nervenleiden und Lernbehinderungen empfohlen.

6. Selbstbehandlung

Die Selbstbehandlung spielt beim Feldenkrais eine grosse Rolle. Es ist jedoch ratsam, sich die Übungen bei einem Feldenkrais-Lehrer anzueignen, bevor man sie selbst ausführt.

7. Anwender und ihre Ausbildung

Die Ausbildung zum Feldenkrais-Lehrer oder zur Feldenkrais-Lehrerin wird in der Regel berufsbegleitend absolviert. Verteilt auf drei bis vier Jahre müssen mindestens achthundert Stunden Präsenzunterricht absolviert werden. In der Halbzeit der Ausbildung sind die Studierenden erstmals berechtigt, Gruppenunterricht zu erteilen. Nebst Abschluss der Ausbildung gehören regelmässige Praxistätigkeit und Weiterbildungen zu den Bedingungen für eine Zertifizierung durch den Schweizerischen Feldenkrais Verband.

8. Behandlung und Ablauf

Der Feldenkrais-Unterricht wird als Einzellektion (Funktionale Integration) oder im Gruppenunterricht angeboten. In bequemer Kleidung findet der Unterricht im Liegen, Sitzen oder Stehen statt. Eine Feldenkrais-Lektion dauert in der Regel zwischen vierzig und sechzig Minuten.

In der Einzellektion kann der Feldenkrais-Lehrer auf die persönlichen Bedürfnisse seines Schülers eingehen. Der Schüler wird meist kommentarlos vom Lehrer passiv bewegt. Dadurch lernt der Schüler individuelle Bewegungsmuster bewusst wahrzunehmen und zu verfeinern. Zur Erleichterung der Bewegungen stehen Kissen, Decken und Rollen zur Verfügung. Mithilfe Funktionaler Integration lassen sich selbst festgefahrene Bewegungsabläufe erkennen und korrigieren.

«Bewusstheit durch Bewegung» lautet der Leitspruch des Gruppenunterrichts. Unter Anleitung des Feldenkrais-Lehrers werden Bewegungsabläufe auf sanfte und spielerische Weise durchgeführt. Diese verfeinern die Körperwahrnehmung und eröffnen den Schülern, ihre gewohnten Bewegungsmuster besser kennenzulernen. Das Repertoire der Lektionen ist sehr vielfältig. Ob die Bewegungen gross oder klein, ästhetisch oder ungelenk sind, spielt keine Rolle. Das Ziel sind nicht «schöne», sondern bewusste Bewegungen, die sich auch im Alltag integrieren lassen.

9. Grenzen und Risiken

Werden Teile des Konzepts als Therapie oder Heilmethode angeboten, besteht die Gefahr, dass die ursprüngliche Idee des Unterrichts verlorengeht. Auch die Absicht, Feldenkrais als psychotherapeutische Massnahmen einzusetzen, ist nicht unumstritten.

10. Praxistipps

Viele Feldenkrais-Therapeutinnen und -Therapeuten bieten interessierten Personen eine Probelektion an. Aktuelle Angebote finden Sie auf der Internetseite des Schweizerischen Feldenkrais Verbandes (SFV).

11. Zahlt die Krankenkasse?

Manche Krankenkassen vergüten einen Teil der Therapiekosten im Rahmen der Zusatzversicherung, sofern der Therapeut oder die Therapeutin anerkannt ist. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Versicherung.

Autorin und Redaktion: Antoinette Prince
Quellen
  • «Le Larousse des médecines douces», Larousse, 2006

  • Dietrich Grönemeyer: «Mein Rückenbuch», Zabert Sandmann Verlag, 2004 (vergriffen)

  • Krista Federspiel und Vera Herbst: «Die Andere Medizin; ‹Alternative› Heilmethoden für Sie bewertet», Stiftung Warentest, 2006

  • Barbara Jud: «Alternative Heilmethoden», Pulstipp-Ratgeber, 2004

  • Schweizerische Feldenkrais Verband (SFV).