Rolfing
1. Definition
Rolfing® – auch strukturelle Integration genannt – ist eine Körpertherapie, bei der das Bindegewebe systematisch behandelt wird. Mithilfe dieser manuellen Therapieform werden Haltungsschäden und daraus resultierende Störungen korrigiert.
2. Philosophie
Rolfing wurde in den 1950er-Jahren von der Amerikanerin Dr. Ida Pauline Rolf (1896-1979) entwickelt. Die Biochemikerin und Homöopathin war überzeugt, dass eine falsche Körperhaltung neben Beschwerden des Bewegungsapparats auch organische und psychische Erkrankungen hervorrufen kann. Zur Korrektur einer Fehlhaltung stellte sie nicht die Muskulatur sondern die Faszien ins Zentrum der Therapie. Der Begriff Faszien bezeichnet das Bindegewebe, das Knochen, Muskeln und Organe umschliesst. Es unterstützt die Körperspannung und lässt sich durch manuellen Druck leicht dehnen und verformen. Mit Rofling wird eine korrekte Faszienstruktur und somit das optimale Zusammenspiel aller Körperpartien angestrebt.
3. Plausibilität des Konzepts
Rolfing beinhaltet nicht nur die Behandlung des Bindegewebes. Im Therapieverlauf werden auch alltägliche Fehlhaltungen bewusst gemacht und korrigiert – was eine allgemeine Verbesserung des Körpergefühls zur Folge hat.
Zur Konkretisierung der Behandlungsform liess Dr. Ida Pauline Rolf Erkenntnisse anderer Therapieformen wie etwa aus der Osteopathie, der Chiropraktik oder vom Yoga einfliessen.
4. Belege für die Wirksamkeit
Kritiker behaupten, die im Rolfing beschriebene Faszienstruktur, stehe im Widerspruch zu medizinischen Erkenntnissen. Es gibt jedoch zahlreiche wissenschaftliche Studien, die neben der strukturellen Unterstützung der Faszien auch die Wirksamkeit der Methode bestätigen. So unterstrich eine bereits 1977 veröffentlichte Studie aus den USA auf die Wirksamkeit von Rolfing hin. Geleitet wurde die Studie von Dr. Valerie Hunt und Dr. Wayne Massey von der kinesiologischen Fakultät der University of Southern California, UCLA.
Nebst zahlreichen Studien lassen auch erfahrungsmedizinische Wirkungsnachweise, sowie die Anerkennung verschiedener Schweizer Krankenversicherer auf die Wirksamkeit der Methode schliessen.
Eine weitere nützliche Entscheidungshilfe bei der Wahl der richtigen Therapieform finden Sie in einem Leitfaden des Dachverbandes für Komplementärmedizin (Dakomed).
Dakomed-Leitfaden zum Download [433.85 KB]
5. Praktische Anwendung
Die Methode eignet sich vor allem bei Rücken- und Nackenschmerzen, Kopfschmerzen, Verspannungen, Haltungsproblemen und allgemeinen Bewegungseinschränkungen. Rolfing kann bei Menschen jeden Alters angewendet werden und eignet sich auch zur Behandlung von Kindern.
6. Selbstbehandlung
Eine Selbstbehandlung ist nicht möglich, da man den eigenen Körper mit den Händen nicht überall erreicht und fundierte Fachkenntnisse nötig sind. Wer sich für eine Rolfing-Therapie entscheidet, ist angehalten, den eigenen Körper zu beobachten und neue Bewegungen in den Alltag zu integrieren.
7. Anwender und ihre Ausbildung
Das Zertifikat «Rolfer» kann am «Rolf - Institute of Structural Integration» in Boulder (USA) und dessen Vertretung, der «European Rolfing Association» in München (DE), erworben werden. Eine gleichwertige Ausbildung in der Schweiz gibt es nicht. Der Schweizer Rolfingverband vertritt die Methode im Namen des Lizenzhalters und organisiert in Zusammenarbeit mit diesem Weiterbildungen.
8. Behandlung und Ablauf
Die erste Sitzung beginnt mit einem ausführlichen Vorgespräch. Das heisst der Kunde informiert den Rolfer über seine Krankengeschichte. Danach beobachtet der Rolfer die Haltung des Kunden im Sitzen, Gehen und Stehen. Anschliessend, entkleidet sich der Kunde bis auf die Unterwäsche und legt sich auf die Behanlungsliege. Nun übt der Rolfer mit Händen und Ellenbogen exakten Druck auf gewisse Körperregionen aus. Durch diese Eingriffe werden nicht nur Blockaden gelöst, sondern auch die Basis für neue Bewegungsmuster geschaffen. Der Rolfer folgt dabei einem inneren Fahrplan, indem er die Behandlung den Bedürfnissen des Kunden anpasst und jede Sitzung auf der vorangegangenen aufbaut.
Die Basisbehandlung umfasst zehn Sitzungen, die sechzig bis achtzig Minuten dauern. Je nach individuellem Behandlungsziel kann die Anzahl Behandlungsstunden stark variieren. Zwischen den Sitzungen empfiehlt sich eine zweiwöchige Behandlungspause, damit sich der Körper an die neuen Bewegungsmuster anpassen kann.
Auf die Zehnerserie folgt eine längere Pause. Sollten die Beschwerden zurückkehren, kann die Behandlung problemlos weitergeführt werden.
9. Grenzen und Risiken
Aus Erfahrungsberichten ist bekannt, dass durch die strukturelle Integration ein Muskelziehen, ähnlich wie ein Muskelkater, ausgelöst werden kann. Dieses sollte aber nicht länger als zwei bis drei Tage anhalten. Bei Osteoporose, Gewebe-Entzündung, Krebserkrankungen sollte Rolfing nicht angewendet werden.
Übrigens: Im Zusammenhang mit Rolfing taucht oft auch der Begriff «Rebalancing» auf. Dies ist eine an die Rolfing-Methode angelehnte Massageform, die aber nicht auf denselben Behandlungsansätzen basiert und eine andere Ausbildung erfordert.
10. Praxistipps
Da Rolfing zur Selbstbehandlung nicht geeignet ist, empfiehlt es sich eine «Schnupperstunde» bei einer erfahrenen Fachperson zu absolvieren. Vertiefte Informationen zum Thema finden Sie zudem in folgenden Publikationen.
11. Zahlt die Krankenkasse?
Viele Krankenkassen leisten einen Beitrag an die Behandlungskosten im Rahmen ihrer Zusatzversicherungen, sofern die Therapeuten anerkannt sind. Nähere Informationen erhalten Sie direkt bei Ihrer Krankenkasse.
Redaktion: Didier Buchmann
- Quellen
Pschyrembel Naturheilkunde
Naturärzte Vereinigung der Schweiz