Lust auf Sex auch im Alter

In der zweiten Lebenshälfte haben viele Menschen weniger Sex, sexuelle Bedürfnisse haben sie aber sehr wohl. Wichtig ist, mit dem Partner über seine Wünsche zu sprechen.

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Mit dem Älterwerden verändert sich auch das sexuelle Bedürfnis. Männer benötigen mehr Stimulation, um eine Erektion zu bekommen; bei Frauen sind durch die Menopause die vaginalen Schleimhäute trockener, was zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führen kann. Deshalb ist es besonders wichtig, dass sich die Partner offen über ihre Wünsche und ihre Erwartungen austauschen.

Nähe, Zärtlichkeit und Erotik

Psychologe Thomas Bucher hat in einer Studie des Schweizerischen Nationalfonds die Sexualität in der zweiten Lebenshälfte untersucht und herausgefunden: Die sexuelle Aktivität nimmt ab einem Alter von 50 Jahren ab, bei Frauen ausgeprägter als bei Männern. «Ältere Menschen haben aber nach wie vor ein Sexualleben», sagt Bucher. Der Mythos des asexuellen Alters bestätigt sich in der Realität also nicht. «Gerade ältere Leute, die in einer Partnerschaft leben, wünschen sich Nähe, Zärtlichkeit und Erotik. Wünsche nach Sexualität und erotischen Fantasien begleiten die meisten Menschen bis ins hohe Alter.» Den Grund dafür sieht der Psychologe in der Bedeutung der Sexualität in früheren Jahren. Dies hätten auch andere Studien aufgezeigt. Auch die Selbstbefriedigung bleibt im Alter ein wichtiges Thema. «Wer sich schon in jungen Jahren selber befriedigt hat, tut dies auch im Alter.»

Sprachlosigkeit überwinden

Ebenfalls aufgefallen ist Bucher eine sexuelle Sprachlosigkeit und die fehlende offene Kommunikation zwischen den Partnern. «Ältere Leute sind in einer Generation aufgewachsen, in der man nicht wirklich offen über Sexualität gesprochen hat. Das war ein Tabu», sagt er. Deshalb ist die Hemmschwelle vermutlich höher als bei jüngeren Leuten, die heute in einer Gesellschaft leben, in der Sexualität in den Medien ständig thematisiert wird.

Eine Sprachlosigkeit beim Thema Sex spürt auch Bettina Ugolini, Leiterin der Beratungsstelle «Leben im Alter» am Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich. «Wenn ältere Leute zu mir in die Beratung kommen, sprechen sie über Gebrechen, über Streitigkeiten in der Partnerschaft, über Veränderungen im Umfeld. Selten aber über die Sexualität.»

In tiefer gehenden Gesprächen erfährt Ugolini immer wieder, dass jene Leute, die bereits früher sexuell aktiv waren, dies bis ins hohe Alter pflegen. «Es liegt auch an der heutigen Gesellschaft, diesbezüglich toleranter zu werden», sagt sie. Zwei ältere Menschen, die Hand in Hand am See spazieren, finden wir zwar «härzig». Dass die beiden zu Hause im Bett noch miteinander intim sind, können sich die wenigsten vorstellen. «Dabei ist ein erfülltes Sexualleben ein Ursprung von Lebenskraft, es verleiht Vitalität und Energie», sagt Ugolini.

Dass immer wieder Unsicherheiten auftauchen, zum Beispiel, wenn sich ältere Menschen nach langer Zeit noch einmal auf einen neuen Partner einlassen, kann die Leiterin der Beratungsstelle gut nachvollziehen. «Dann sollte man sich unbedingt die nötige Unterstützung holen und offen über seine Schamgefühle sprechen», sagt sie. Denn auch im Alter kann man die Sexualität noch einmal neu entdecken und lustvoll erleben.

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Autorin: Denise Muchenberger
Redaktion: Bettina Epper
Quelle
  • «Drogistenstern»