Ferien als Sinnstiftung
Immer mehr Menschen arbeiten während ihrer Ferien als Freiwillige in Projekten mit. Doch auch ohne Hilfseinsätze zu leisten, kann man «nachhaltig» reisen.
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Der Tourismus gehört trotz Krisen zu den wichtigsten und am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweigen der Welt. Kein Wunder, schürt der Reiseboom in vielen Ländern grosse Hoffnungen auf neue Einkommen, Arbeitsplätze oder Entwicklungsperspektiven. Doch oft hat die einheimische Bevölkerung das Nachsehen: Tourismus bedeutet für sie, dass das Wasser knapp und die Umwelt zerstört wird, der Strand nur noch für Feriengäste zugänglich ist und ihre Lebenshaltungskosten steigen. «Diese rasante Entwicklung wird vielerorts über die Köpfe der Einheimischen hinweg vorangetrieben, ohne Rücksicht auf ihre Kultur, ihre Würde und ihre Rechte», sagt Christine Plüss, Geschäftsführerin des Arbeitskreises Tourismus und Entwicklung in Basel.
Als eine Art Gegenbewegung engagieren sich viele Menschen in ihren Ferien (oder im Rahmen ihrer Ausbildung) als Freiwillige in Forschungs-, Schutz- und Hilfsprojekten und versuchen so, ihren Teil an einen nachhaltigen Tourismus zu leisten.
Freiwillige im Einsatz
Die Angebote des sogenannten Voluntourism, des neuen Markts für Freiwilligeneinsätze, boomt. Für Christine Plüss ist diese Entwicklung nicht unproblematisch: «Immer mehr Anbieter tauchen auf mit Versprechungen, die kaum nachzuprüfen sind.» Es fehlen Marktforschungen, um festzustellen, was sich die Leute vom Einsatz erhoffen, was die Einsatzstellen im Ausland wirklich brauchen und wie viele sinnvolle Einsatzmöglichkeiten es überhaupt gibt. «Das führt dazu, dass sich unerfahrene Jugendliche in komplexen Situationen in Entwicklungsländern bewähren sollen», sagt die Touristikfachfrau. Deshalb lohnt es sich, vorgängig einige Fragen zu klären.
- Forschung / Naturschutz
Wenn Sie an einer Forschungsreise teilnehmen oder sich im Naturschutz engagieren wollen, sollten Sie
sich fragen, ob Sie über die nötige Geduld verfügen. Tiere halten sich nicht an Ihre Ferienpläne. Oft sitzt man tagelang herum, ohne dass sich das «Forschungsobjekt» zeigt.
sich überlegen, ob Sie Hitze, Kälte und Nässe vertragen und ob Sie es auf schaukelnden Booten oder in luftiger Höhe aushalten.
bereit sein, auch mal ohne Dusche und WC auszukommen, und einfaches Essen schätzen.
- Sozialprojekte
Wenn Sie in einem Sozialprojekt teilnehmen wollen, sollten Sie
seelisch stabil sein. Unter Umständen treffen Sie auf kranke, schwer verletzte und traumatisierte Menschen.
sehr gute Kenntnisse der jeweiligen Landessprache haben. Wer mit Menschen arbeiten will, kann nur Vertrauen aufbauen, wenn er sie versteht.
über genug (Reise-)Zeit verfügen. Es macht wenig Sinn, nur ein, zwei Wochen in einem sozialen Projekt mitzumachen. Es braucht Zeit, sich einzuleben, eventuell muss sogar ein Kulturschock überwunden werden.
Der «nachhaltige» Tourist
Verantwortungsvoll reisen, muss aber keinesfalls mit einem Freiwilligeneinsatz verknüpft sein. Wer sich vor Reisebeginn mit der einen oder anderen ethischen Frage beschäftigt, tut sich selber etwas Gutes und auch der Bevölkerung vor Ort. Denn ob Trekking im Himalaja, Tauchen in der Karibik oder Langlaufen in Skandinavien – jede touristische Aktivität hat wirtschaftliche, soziale und ökologische Auswirkungen. Christine Plüss nennt einfache Faustregeln, die dazu beitragen, dass Ferienreisen ein echtes Erlebnis werden:
Sich Zeit nehmen: Weniger ist mehr – reisen Sie lieber weniger oft, dafür für längere Zeit. Sie können sich so besser auf die fremde Umgebung und das Klima einstellen. Auch die Umwelt wird es Ihnen danken.
Fairer Austausch: Eine andere Kultur kennenzulernen, bedeutet nicht, alle Denkmäler und Sehenswürdigkeiten eines Landes besucht zu haben. Es heisst vielmehr, sich mit der Lebensweise der Menschen im Gastland vertraut zu machen und ihre Wertvorstellungen zu achten und zu respektieren.
Nutzen für Einheimische: Sie können dazu beitragen, den Nutzen für Ihr Gastland und seine Bevölkerung zu steigern, indem Sie in Ihren Ferien lokale Betriebe berücksichtigen. In vielen Ländern gibt es mittlerweile Tourismusbetriebe, die von der lokalen Bevölkerung entwickelt und getragen werden. Dies bringt Bäuerinnen, Fischern und Handwerkern ein zusätzliches Einkommen.
Faire Preise: Tourismus ist ein Tauschgeschäft, bei dem beide Seiten profitieren können. Stellen Sie sich sowohl beim Buchen der Reise als auf beim Kauf von Souvenirs die Frage, ob der von Ihnen bezahlte Preis den Aufwand und die Dienstleistungen, die in das Produkt gesteckt wurden, deckt.
Rückmelden: Wer Missstände antrifft, sollte diese dem Reiseveranstalter unbedingt mitteilen.
Reiseportal des Arbeitskreises Tourismus und Entwicklung
WWF
Umfrage
Redaktion: Katharina Rederer
- Quelle
«Drogistenstern»