Vertrauenswürdige Websites erkennen

Im Internet wimmelt es von Websites zu Gesundheitsthemen. In diesem Dschungel ist es nicht einfach, die Spreu vom Weizen zu trennen. Dr. Carmelo Bisognano, Präsident der Health-on-the-Net-Foundation (HON), hält einige Tipps dazu bereit.

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Dr. Carmelo Bisognano. Wenn man herausfinden will, ob man den Arzt aufsuchen soll, geht man heutzutage ins Internet, ebenso bei der Suche nach einer möglichen Diagnose, einer Therapie oder für eine Zweitmeinung. Ist «Dr. Google» ein guter Ratgeber in Gesundheitsangelegenheiten? Was spricht dafür, was dagegen?

Dr. Carmelo Bisognano: Google ist im Prinzip ein Suchwerkzeug im Internet. Der Nutzen einer Suchmaschine besteht insbesondere darin, dass sie Websites nach Schlüsselwörtern auflisten kann. Ihre Rolle beschränkt sich somit darauf, ein einfaches Verzeichnis zu liefern, und sie kann kein Mass für die Qualität der Informationen angeben. Im Gesundheitsbereich trifft dies ganz besonders zu. Nur Gesundheitsfachpersonen sind befähigt, fundierte Ratschläge zu erteilen.

Wie erkennt man als Laie, ob Gesundheitsinformationen im Internet vertrauenswürdig sind?

Es ist wichtig zu wissen, wer sich hinter den bereitgestellten Informationen «versteckt». Für die Beurteilung der Informationsqualität ist die Ermittlung der Quelle wesentlich (Wer? Qualifikation?). Die HON-Zertifizierung mit dem HONcode stellt ebenfalls sicher, dass eine Reihe von Kontrollpunkten überprüft wurde.

Welches sind die wichtigsten Grundsätze des HONcode?

Unsere HONcode-Experten überprüfen, ob in den Websites Transparenz bezüglich der Autoren und der medizinischen Informationsquellen besteht, ob die Vertraulichkeit von medizinischen Daten eingehalten wird und Klarheit über die Finanzierungsquellen herrscht.

HONcode

Die Health On the Net Foundation (HON) ist eine Non-Profit-Organisation mit Sitz in Genf und wird geleitet von Dr. Carmelo Bisognano. Ihr Ziel sind zuverlässige und transparente Gesundheitsinformationen im Internet. Auf Antrag verleiht die Stiftung ein kostenpflichtiges Label an Gesundheitswebsites. Dafür müssen acht Bedingungen erfüllt sein, zum Beispiel, dass die medizinische Beratung nicht ersetzt werden soll, Transparenz bezüglich Finanzierung und Werbung besteht und die Verfasser fachlich qualifiziert sind. Die Zuverlässigkeit der Informationen wird hingegen von der Stiftung nicht überprüft. vitagate.ch, die Gesundheitsplattform der Schweizer Drogerien, ist seit November 2017 im Besitz dieses Labels.

Wie lässt sich die Unabhängigkeit einer Website überprüfen?

Eine vertrauenswürdige Website muss bekanntgeben, wer die Redaktoren und die für den Inhalt verantwortlichen Personen sind. Ausserdem müssen allfällige Verbindungen zur Industrie klar bekanntgemacht werden.

Können Sie Beispiele nennen, wie Internetnutzerinnen und -nutzer durch Websites in die Irre geleitet werden könnten?

Zu meiden sind beispielsweise Foren mit nicht professioneller Moderation, inoffizielle Websites, die Medikamente online anbieten, sowie Ratschläge von obskuren Spezialisten.

In welchen Fällen bieten Gesundheitsinformationen im Netz einen Vorteil?

Informationen durch Gesundheitsfachpersonen haben viele Vorteile. So können unter anderem Wellness- und Präventionsbotschaften verbreitet werden, die zur Gesundheitsförderung oder allenfalls zur Vorbeugung oder rascheren Genesung beitragen.

Wann sind sie ein Nachteil?

Wenn die Informationen nicht von Fachpersonen stammen, von schlechter Qualität oder interessengetrieben sind. Die damit verbundenen Irrwege und Risiken können folgenschwer sein.

Die Europäische Kommission hat ebenfalls Qualitätskriterien erarbeitet. Worin unterscheiden sie sich vom HONcode?

HON gehörte zu den Experten der Kommission und war an der Ausarbeitung der Qualitätskriterien für Gesundheitswebsites beteiligt. Die Qualitätskriterien sind im Grossen und Ganzen gleich, und HON ist die Organisation, welche diese Kriterien auf internationaler Ebene umsetzt.

Gibt es noch weitere Labels?

Im Laufe der Zeit sind weitere Labels entstanden, aber nur wenige haben überlebt. Die Bewertung von Websites anhand von Qualitätskriterien ist arbeitsintensiv.

Nicht immer findet man die seriösen Gesundheitsplattformen auf den ersten beiden Resultatseiten der Suchmaschinen. Weshalb?

Die Suchmaschinen listen die Websites nicht nach ihrer Qualität auf, sondern nach ihrer Sichtbarkeit, die von anderen Faktoren abhängt. Allerdings hat eine kürzlich durchgeführte Studie ergeben, dass sich dies zu ändern beginnt.

Welche Unterschiede bei der Informationskompetenz gibt es zwischen elektronischen und gedruckten Medien?

Die Art des Mediums ist weniger wichtig als der Inhalt und die Personen, die diesen bearbeiten. Elektronische Medien profitieren natürlich von Fotos, Videos und weiteren Interaktionsformen, aber schlussendlich müssen sowohl gedruckte als auch digitale Informationen aus definierten und vertrauenswürdigen Quellen stammen.

Sollten im Gesundheitsbereich Websites aus der Schweiz bevorzugt werden?

Vertrauenswürdige Websites werden häufig von Gesundheitsfachpersonen, Vereinigungen oder manchmal Patienten betrieben. Sie können aus der Schweiz oder einem anderen Land stammen. Sucht man allerdings detaillierte Informationen mit einem Bezug zur Realität vor Ort, sind Schweizer Websites im Vorteil.

Interview: Vanessa Naef und Marie-Noëlle Hofmann
Redaktion: Bettina Epper
Übersetzung: Martin Zürcher
Quellen
  • Drogistenstern