Kardiopsychologie

Herz und Psyche

Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommt es sehr häufig zu psychischen Belastungen. Die Kardiopsychologie kann helfen, sie zu verarbeiten.

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Ein Herzinfarkt aus heiterem Himmel. Nach einem solchen Erlebnis haben viele Angst. Angst, es könnte wieder geschehen, wie Psychologe Sven Schmutz sagt. Er leitet die Abteilung Kardiopsychologie am Inselspital Bern. «Menschen mit Herzproblemen leiden oft auch psychisch. Sie haben häufiger Depressionen, Angst- oder Schlafstörungen.» Umgekehrt weiss man, dass Personen mit einer Depression häufiger Herzkrankheiten haben. «Zum einen fördert die depressive Verstimmung einen ungesunden Lebensstil, wie zum Beispiel Rauchen, weniger Bewegung und sozialen Rückzug. Zum anderen führt die Depression zu anhaltenden körperlich-biologischen Stressreaktionen, die dem Herz-Kreislauf-System schaden. »

Ein Herzinfarkt verunsichert, erschüttert das Vertrauen in den Körper. Herzkranke schätzen ihre Gefühlslage darum oft falsch ein. «Klopft ihr Herz sehr stark, realisieren sie beispielsweise nicht, dass sie lediglich nervös sind, sondern haben Angst, wieder einen Herzinfarkt zu haben. In der Therapie können sie lernen, Gefühle wieder richtig einzuordnen. Wir in der Kardiopsychologie helfen, den Leidensdruck zu reduzieren. Wir unterstützen aber auch bei der Krankheitsverarbeitung und -akzeptanz und fördern das Gesundheitsverhalten.»

Die Therapie

Eine Therapie beginnt mit einer Standortbestimmung. «Danach finden wir mittels Fragebögen und strukturierten Interviews heraus, woran der Patient genau leidet. Ob er beispielsweise eine Depression oder eine Angststörung hat.» Der Psychologe setzt dann zusammen mit dem Patienten Ziele fest und gibt ihm kleine Aufgaben mit nach Hause. Zum Beispiel jeden Tag zu notieren, wie er sich fühlt und was er tut. «Wir sehen dann vielleicht, dass der Patient sich immer besser fühlt, wenn er im Wald spazieren geht, und können so Muster herausarbeiten.» Leidet jemand unter einer Angststörung, übt der Psychologe mit ihm, sich ihr zu stellen. «Der Patient lernt, kurz gesagt, körperliche Aufregung von einem Herzinfarkt zu unterscheiden. Das ist nicht immer einfach, aber kann erlernt werden.»

Begibt man sich rechtzeitig in Behandlung, stehen die Chancen auf eine Besserung gut, sagt Schmutz. «Gerade bei Belastungsreaktionen braucht es oft gar nicht viel, bis sich der Knopf löst. Hat jemand zum Beispiel Schlafprobleme, können wir oft mit kleinen Verhaltensänderungen viel bewirken. Tut man nichts, verfestigt sich die Schlafproblematik und es wird schwierig, etwas zu verbessern.»

Die Kardiopsychologie ist nur ein Teil der Behandlung herzkranker Menschen. Dazu kommen die körperlich-sportliche Rehabilitation sowie die Ernährungs- und Sozialberatung. «Dieses Interdisziplinäre ist sehr wichtig», sagt Dr. Schmutz. «Ich hatte beispielsweise kürzlich einen Patienten, der finanziell stark belastet war. Unser Sozialdienst konnte Verschiedenes bezüglich Versicherungen und Krankentaggeld klären. Das bringt eine grosse Entlastung, was letztlich der Psyche und damit der Gesundheit hilft.»

Autorin und Redaktion: Bettina Epper
Wissenschaftliche Kontrolle: Dr. phil. nat. Anita Finger Weber
Quellen
  • Drogistenstern

  • Psychologe Dr. Sven Schmutz