Physiotherapie

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1. Definition

Die Physiotherapie ist eine Körpertherapie, welche die Beweglichkeit verbessert. Zu diesem Zweck benutzt sie physikalische Hilfsmittel wie beispielsweise Bewegung, Wärme, Kälte, Licht, Wasser, elektrischen Strom, Magnetfelder und Ultraschall.

2. Philosophie

Im 19. Jahrhundert bemühten sich Ärzte, Militärpersonen und Turnlehrer um eine Aufwertung der körperlichen Bewegung in der medizinischen Praxis. Damit war die Grundlage der Heilgymnastik geschaffen, die zur Behandlung von Missbildungen und Wirbelsäulenverkrümmungen eingesetzt wird. Gleichzeitig lebten die Therapieformen der Antike neu auf: Thermalbad und Hydrotherapie, Massage und Orthopädie.

Nach dem ersten Weltkrieg (1914-1918) erfuhr die Physiotherapie in Frankreich einen Aufschwung: Der französische Staat sah sich damals mit der Aufgabe konfrontiert, ein Heer von Kriegsverletzten beruflich zu reintegrieren.

In der Schweiz ist die Physiotherapie seit 1966 ein offiziell anerkannter paramedizinischer Beruf. Sie kombiniert herkömmliche Heilmethoden mit neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Zur Physiotherapie zählen insbesondere Verfahren wie: Massage, Heilgymnastik, Gelenkmobilisation, Wassertherapie, Wärmeanwendungen, Elektrotherapie, Ultraschall, Laser, Lichttherapie.

Die wichtigsten Einsatzbereiche der Physiotherapie liegen in der Schmerztherapie und in der Rehabilitation. Zusätzlich sind Physiotherapeutinnen und -therapeuten in der Gesundheitsprävention (Rückenschule) und in der Gesundheitsförderung tätig.

3. Plausibilität des Konzepts

Mit Hilfe physiotherapeutischer Übungen können Haltungsfehler korrigiert, die Muskulatur aufgebaut und die Gelenkigkeit wiederhergestellt werden, beispielsweise nach einem Unfall. Die physikalischen Wirkungen von elektrischem Strom, Wärme und Kälte auf Sehnen und Muskeln beleben die nervale Versorung, die für eine einwandfreie Organfunktion wichtig sind. Unter dem Ausdruck «nervale Versorgung» versteht man die Steuerung der Gelenkfunktion durch Gehirn und Rückenmark. Physiotherapeutische Übungen wirken zudem entzündungs- sowie schmerzlindernd.

4. Belege für die Wirksamkeit

Die Wirkung der Physiotherapie lässt sich messen und wissenschaftlich belegen. Folglich geniesst diese Therapiemethode seit Jahrzehnten die Anerkennung der Gesundheitsbehörden und Krankenversicherer.

5. Praktische Anwendung

Physiotherapeutische Behandlungen werden auf ärztliches Rezept insbesondere bei rheumatischen Beschwerden, motorischen Entwicklungsstörungen bei Kindern, Lähmungen, Haltungsfehlern, allgemeinen Gelenkbeschwerden sowie Unfällen und Sportverletzungen durchgeführt. Zudem wird Physiotherapie vermehrt auch zur Vorbeugung bei Risikogruppen, wie etwa bei betagten Menschen zur Mobilisation des Gelenkapparates eingesetzt.

Weniger bekannte Einsatzgebiete der Physiotherapie sind Atembeschwerden, die gynäkologische Rehabilitation und die Behandlung von schweren Verbrennungen.

6. Selbstbehandlung

Physiotherapeutische Behandlungen beinhalten oftmals Übungen, die zu Hause durchgeführt werden. Dabei ist es wichtig, die Anweisungen des Physiotherapeuten genau zu befolgen. Vorsicht empfiehlt sich auch beim Selbststudium von Büchern mit physiotherapeutischen Übungen zur Behandlung spezifischer Probleme.

7. Anwender und ihre Ausbildung

Die physiotherapeutische Grundausbildung wird in der Schweiz an Fachhochschulen vermittelt, die vom Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) anerkannt sind. Die vierjährige Vollzeitausbildung endet mit einem Bachelor of Science (BSc).

Seit Inkrafttreten des Schweizerischen Krankenversicherungsgesetzes ist die Weiterbildung nach dem Diplom an sechs Tagen pro Jahr obligatorisch.

8. Behandlung und Ablauf

Nach einer ersten Befunderhebung findet die Behandlung je nach Methodenwahl durch den Therapeuten in einem Übungsraum, einem Schwimmbecken (Wassertherapie) oder auf einer Liege statt. Der Patient trägt bequeme Kleidung, die ungehindertes Bewegen ermöglicht. Für eine Massage oder Elektrotherapie werden die zu behandelnden Körperteile in der Regel entblösst. Die Behandlung wird individuell gestaltet und dauert zwischen dreissig und sechzig Minuten.

In den meisten Fällen verschreibt der Arzt bis zu neun Behandlungen. Eine weitere ärztliche Untersuchung zeigt, ob die Therapiedauer verlängert werden muss.

9. Grenzen und Risiken

Es gelten die gleichen Grenzen und Risiken wie bei jeder medizinischen Behandlung. Zur Erfolgskontrolle gehören eine sorgfältige Diagnose und eine gewissenhafte Überprüfung der erzielten Resultate.

10. Praxistipps

Medizinische Laien können einen von PhysiotherapeutInnen geleiteten Kurs besuchen, beispielsweise zum Thema «Rückenschule», «Präventive Gangsicherheitskurse im Alter» oder «Leben mit einer Hüftprothese». Siehe Angebote der kantonalen Sektionen des Schweizer Physiotherapie Verbandes.

11. Zahlt die Krankenkasse?

Die Krankenkassen vergüten physiotherapeutische Behandlungen aufgrund einer Liste anerkannter Leistungen. Die obligatorische Grundversicherung übernimmt die Behandlungskosten gemäss ärztlicher Verordnung. Der Patient kann den Therapeuten frei wählen. Der Arzt bestimmt die Anzahl der physiotherapeutischen Behandlungen, die erforderlich sind, um den Gesundheitszustand des Patienten zu verbessern. Er beachtet dabei die durch das Bundesamt für Gesundheit, BAG festgelegten Richtlinien.

Im Rahmen der Komplementärzusatzversicherung vergüten manche Krankenkassen physiotherapeutische Behandlungen ohne ärztliche Verordnung. Weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrem Physiotherapeuten oder bei Ihrer Krankenkasse.

Autorin und Redaktion: Antoinette Prince
Quellen
  • Naturärzte Vereinigung der Schweiz (NVS)

  • Schweizer Physiotherapie Verband

  • physioswiss.ch

  • Universität Rennes (F)

  • medecine.univ-rennes1.fr

  • Association pour le développement et la recherche en rééducation fonctionnelle