Osteopathie
1. Definition
Osteopathie ist eine sanfte medizinische Therapie. Sie dient dem Erkennen und Behandeln von Funktionsstörungen. Dazu nutzt sie eigene Techniken, die mit den Händen ausgeführt werden. Diese Therapieform behandelt den Patienten in seiner Gesamtheit und aktiviert gezielt dessen Selbstheilungskräfte.
2. Philosophie
«Leben ist Bewegung», lautet der Leitspruch der Osteopathie. Geistiger Vater dieser alternativen Behandlungsmethode war der amerikanische Arzt Andrew Taylor Still (1828 bis 1917). Er gründete 1894 nach einer Serie von Selbstversuchen die Schule der Osteopathie, deren Lehre sich sehr rasch etablierte. Still war davon überzeugt, dass die Gesundheit des Körpers vom Zustand und der Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule abhängig ist. Nach seiner Auffassung lösen verschobene Wirbel eine negative Kettenreaktion bis hin zu den Organen aus, und der Mensch wird krank. Seit ihren Anfängen in den USA hat sich die Osteopathie über England, Frankreich, die Niederlande in Europa verbreitet und weiterentwickelt.
Methodik: Durch spezielle Handgriffe (Mobilisationen) am Körper soll die Funktionsfähigkeit des Knochengerüstes aufrechterhalten oder wiederhergestellt werden. Im Zentrum steht dabei die Wirbelsäule. Osteopathen vertreten den Standpunkt, dass diese nicht nur für den Knochen- und Muskelapparat des Körpers wichtig ist, sondern auch das Nervensystem und die inneren Organe beeinflusst. Betroffen seien vor allem Organe jener Körperregionen, deren zugehörige Nerven auf Höhe des verschobenen Wirbelkörpers aus dem Rückenmark austreten.
Die Osteopathie umfasst drei Gebiete, die untrennbar miteinander verbunden sind:
Parietale Osteopathie: Behandlung des Bewegungsapparats
Viszerale Osteopathie: Behandlung der inneren Organe
Craniosakrale Osteopathie: Behandlung des Schädels und des Nervensystems
Eine weitere nützliche Entscheidungshilfe bei der Wahl der richtigen Therapieform finden Sie in einem Leitfaden des Dachverbandes für Komplementärmedizin (Dakomed).
3. Plausibilität des Konzepts
Obwohl die Wirksamkeit von Osteopathie aus schulmedizinischer Sicht umstritten ist, stieg die Nachfrage nach dieser Behandlungsmethode in den letzten Jahren sprunghaft an. Erfahrungsmedizinisch betrachtet, hat Osteopathie also eine grosse Anhängerschaft, die von der Wirksamkeit überzeugt ist. Ende 2006 haben die schweizerischen Gesundheitsbehörden grünes Licht gegeben, um die Osteopathie und die berufliche Anerkennung neu und einheitlich zu regeln.
4. Belege für die Wirksamkeit
Osteopathen gehen davon aus, dass die Stimulation des Bindegewebes die Selbstheilungskräfte anregt. Bislang gibt es dazu jedoch nicht viele wissenschaftliche Beweise.
5. Indikationen
Beschwerden des Bewegungsapparat
Kopfschmerzen mechanischen Ursprungs
Schleudertrauma
Funktionsstörungen im urologischen und gynäkologischen Bereich
Vorbeugung wiederholter Nasennebenhöhlen- oder Mittelohrenentzündugen
6. Selbstbehandlung
Osteopathie verlangt ein vielseitiges Wissen über den Knochen- und Muskelapparat. Aus diesem Grund ist diese Therapieform nicht zur Selbstbehandlung geeignet.
7. Anwender und ihre Ausbildung
Ende 2006 haben die Gesundheitsdirektoren der Schweiz die Osteopathie als eigenständigen Beruf anerkannt. Seit 2014 gibt es nur noch eine fünfjährige Vollzeitausbildung an einer Fachhochschule.
8, Behandlung und Ablauf
Als Erstes befragt der Osteopath seinen Patienten ausführlich zu dessen Krankengeschichte. Falls vorhanden werden vor Beginn der Therapie auch Blutuntersuchungen und Röntgenbilder ausgewertet. In einem weiteren Schritt analysiert die Fachperson zuerst die Haltung und die Art der Bewegung des Patienten. Es folgt eine gründliche Untersuchung der Wirbelsäule. Der Osteopath versucht dabei festzustellen, ob die geschilderten Beschwerden mit einer krankhaften Veränderung der Wirbelsäule in Verbindung gebracht werden können. Nebst der Untersuchung der Skelettmuskulatur werden allenfalls auch die Bauchorgane abgetastet. Für die eigentliche Behandlung werden unterschiedliche Techniken von sanfter Muskelmassage bis zu plötzlichem Druck auf Wirbel oder Gelenke eingesetzt. Sie alle haben dasselbe Ziel: Beweglichkeitseinschränkungen lösen, um die Funktionalität des betroffenen Organs oder Gewebes wieder herzustellen.
Die Therapiesitzungen dauern in der Regel zwischen dreissig und fünfzig Minuten. Je nach Krankheitsbild sind ein bis zehn Behandlungen nötig. Innerhalb dieses Zeitraumes sollte der Patient eine Verbesserung seines Befindens wahrnehmen.
9. Grenzen und Risiken
An Grenzen stösst der Osteopath dort, wo die Selbstheilungskräfte den Körper nicht mehr gesunden lassen. Osteopathie ist keine Notfallmedizin, die in lebensbedrohlichen Situationen rettend eingreifen kann. Schwere und akute Erkrankungen müssen zuerst schulmedizinisch behandelt werden. Dies gilt auch für Knochenbrüche, Verletzungen oder Wunden. Psychische Erkrankungen gehören nicht in die Hände eines Osteopathen.
Nach einer Behandlung können mehrere Nebenwirkungen eintreten, wie etwa Muskelkater oder Müdigkeit.
10. Zahlt die Krankenkasse?
Viele Krankenkassen leisten einen Beitrag an die Behandlungskosten im Rahmen ihrer Zusatzversicherungen, sofern Therapeuten anerkannt sind. Nähere Informationen erhalten Sie direkt bei Ihrer Krankenkasse.
- Quelle
Schweizer Verband der Osteopathen