Chancen und Risiken von Nanofood

Kleinste Teilchen, sogenannte Nanopartikel, könnten Lebensmittel länger haltbar oder bekömmlicher machen. Doch der direkte Eingriff ins Essen stösst nicht überall auf Begeisterung.

Bleibt die Glacetorte, die auch in der Hitze niemals schmilzt, eine Vision? Oder schleicht sich der sogenannte Nanofood langsam aber sicher in unsere Grundnahrungsmittel ein? Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen. Fakt ist: Die Forschung zur Nanotechnik hat im Nahrungsmittelbreich Einzug gehalten. Nanotechnologie beschäftigt sich mit Stoffveränderungen im Grössenbereich von Atomen. Dank dieser Technologie können Forscherinnen und Forscher Materialien mit neuen Eigenschaften herstellen. Die heiklen Fragen, die sich bei den Lebensmitteln mehr als anderswo stellen: Was ist Nano und was bewirkt es? Das Schweizer Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung (TA-SWISS) hat sich 2009 in einer ausführlichen Studie dieser Fragen angenommen.

Nur wenige Nano-Lebensmittel

Es zeigte sich, dass es in Schweizer Geschäften nur wenige Lebensmittel mit Zusatzstoffen, die auf Nanotechnologie basieren, zu kaufen gibt. So wird etwa Streuwürze bereits seit Jahrzehnten mit solchen Nanopartikeln angereichert, damit sie nicht verklumpt. Ihr wird Kieselsäure (Siliziumdioxid oder E551) beigemischt, aus welcher verrieben ein pulvriges Material mit Teilchen im Nano-Grössenbereich entsteht.

Künstliche Nanoteilchen kommen auch zum Einsatz, etwa um Carotinoide oder Vitamine je nach Bedarf wasserlöslich oder länger haltbarer zu machen. Derartige Zusätze wurden für die Verwendung in Lebensmitteln überprüft und gelten als unbedenklich, wie TA-SWISS festhält.

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Verpackung mit UV-Schutz

Schon viel gebräuchlicher ist der Einsatz von Nanotechnologie bei den Lebensmittelverpackungen, beispielsweise Folien oder PET-Flaschen. Hersteller machen ihre Verpackungen damit resistenter gegen Wasserdampf, verringern die Durchlässigkeit von Gasen und Aromastoffen und schützen den Inhalt besser vor UV-Strahlung oder Wärme, wie die TA-SWISS-Studie weiter zeigt. Längerfristig erhoffen sich Fachleute dank dieser Innovationen eine längere Haltbarkeit von Produkten und auch kleinere Abfallberge.

Noch nicht gänzlich geklärt ist hingegen, ob die Nanoteilchen von der Packung in die Lebensmittel gelangen können, und ob dies schädlich für die Menschen sein könnte, so die Studie. Gerade antimikrobiell wirkende Verpackungen, das heisst solche, die dank einer Beschichtung mit keimtötenden Nano-Silberpartikeln Lebensmittel länger haltbar machen, sind laut TA-SWISS nicht über alle Zweifel erhaben. Trotz Fragezeichen sind solche Materialen derzeit in Entwicklung.

Transparenz gefordert

Die rechtlichen Bestimmungen zu Lebensmitteln und Verpackungsmaterialien hinken laut TA-SWISS aber der Realität hinterher. Von den Herstellern, Verarbeitern und Händler fordern die Studienautoren insbesondere Transparenz und eine aktive Informationspolitik. Lebensmittel mit nanotechnologisch hergestellten Zusatzstoffen sollten etwa klar deklariert werden. Das Zentrum für Technologiefolgenabschätzung weist zudem darauf hin, dass die Rückverfolgbarkeit einiger Stoffe noch zu wünschen übrig lasse. Dies sei wichtig, um Produkte rasch vom Markt nehmen zu können, sollte es neue Erkenntnisse über allfällige Gefahren geben. «Neues in Nahrungsmitteln ist immer ein heikles Thema», sagte der Lebensmittelwissenschaftler Erich Windhab von der ETH Zürich zum «Tagesanzeiger». Manipulation an Lebensmitteln löse oft negative Gefühle aus. Um so wichtiger sei es, dass die Kundschaft klar erkennen könne, welchen Nutzen Nanofood wirlich bringe.

Zukunftsmusik

Von der Eistorte, die selbst Sonne und Hitze trotzt, sind wir zwar noch weit entfernt. Als mittelfristige Chance von nanotechnologisch hergestellten Lebensmitteln sieht TA-SWISS aber deren leichtere Handhabung. Nanofood dürfte sich so einerseits bei gestressten Fastfood-Liebhabern der westlichen Welt etablieren. Andererseits ist denkbar, dass die Bevölkerung in Entwicklungsländern von der Technologie profitiert. Grundnahrungsmittel könnten etwa mit Eisen, Zink oder Folsäure angereichert werden, was sich als potentes Mittel gegen die Mängelernährung entpuppen könnte.

Autorin und Redaktion: Franziska Linder