Der Rotklee – mehr als nur ein Glücksbringer

Immer mehr Frauen suchen bei Beschwerden im Klimakterium eine hormonfreie Behandlungsalternative. Mit dem Rotklee steht den Betroffenen ein kraftvolles Mittel gegen die unangenehmen Symptome der Menopause zur Verfügung.

Ab dem 40. Lebensjahr findet eine grundlegende Veränderung im hormonellen Gleichgewicht der Frau statt. Mit Beginn des Klimakteriums nimmt die Estrogenproduktion der Eierstöcke kontinuierlich ab, was vor allem in der Perimenopause und der Menopause zu Beschwerden führen kann. Hitzewallungen, Schweissausbrüche, Scheidentrockenheit, Stimmungsschwankungen oder Schlafstörungen gehören zu den möglichen Beschwerden der Wechseljahre. Die Behandlung durch eine Estrogensubstitution ist zwar wirksam, sollte jedoch nur bei starken Beschwerden und nach einer ausführlichen Nutzen-Risiko-Abwägung in Betracht gezogen werden. Eine wirkungsvolle Alternative zur Hormonsubstitution bietet uns die einheimische Flora mit dem Rotklee.

Das süsse Glück aus dem Paradies

«Zuckerblüemli», «Hungsuuger» oder «Honigblueme» sind nur drei Beispiele, wie der Rotklee im Volksmund genannt wird. Es ist offensichtlich, aus welcher Eigenschaft des Rotklees diese Namen abgeleitet wurden, kennt doch jeder die süsse Versuchung, den Nektar des rotblühenden Klees aus seinen Blüten zu saugen. Nebst dem süssen Geschmack des Sommers ist der Klee aber noch für eine weitere Eigenheit bekannt. Als Symbol für Glück steht der vierblättrige Klee ganz oben auf der Liste der Glücksbringer. Und es braucht auch eine grosse Portion Glück und ebenso viel Ausdauer, will man ein solch seltenes Exemplar, denn nur bei etwa einem Prozent aller Blüten kommen vier anstelle von drei grünen Blättern an der Sprossachse vor.

Der Ursprung des Mythos der glückbringenden Fähigkeiten des Klees ist in der Bibel zu finden. So hat Eva, als sie das Paradies verliess, als Andenken an all das Schöne ein vierblättriges Kleeblatt aus dem Garten Eden mitgenommen. So erhielt der Klee bereits vor Jahrhunderten seinen Platz als Symbolbild für Glück. Wer ein solches «Stück des Paradieses» bei sich trug, so die Legende, konnte damit Hexen erkennen und Zaubereien durchschauen. Der Rotklee ist verbreitet anzutreffen in der gesamten Schweiz. Sein rötliches Leuchten ist auf fast allen Wiesen zu sehen und konkurriert vielerorts mit dem übermächtigen Gelb des Löwenzahns.

Von der Futterpflanze zur Heilpflanze

Über die traditionelle Verwendung von Rotklee weiss Claude Roggen, Drogist HF und lange Jahre Kopf des Heilpflanzenkunde-Vereins der Drotaniker, gut Bescheid: «Der volksmedizinische Einsatz von Rotklee ist seit mehreren Jahrhunderten weitverbreitet. Äusserlich angewandt bei Wunden und chronischen Hauterkrankungen, eingenommen als Infus wirkt er leber- und blutreinigend. Mit Honig gesüsst ist der Rotklee ein ausgezeichnetes Hustenmittel selbst bei Keuchhusten. Dafür werden 4 bis 6 getrocknete Rotkleeblüten mit 250 Milliliter kochendem Wasser übergossen, anschliessend 15 Minuten ziehen gelassen und mit etwas Honig gesüsst.» Doch nicht nur beim Menschen erzielt der Rotklee seine positiven Wirkungen. Als nährstoffreiche Futterpflanze sind alle Kleesorten gerne im Weideland als Viehfutter gesehen. Schon lange bekannt ist der fördernde Effekt des Rotklees auf die Milchbildung der Mutterkühe. Das legte wohl dereinst auch die Vermutung nahe, dass die Rotkleeblüten einen positiven Einfluss auf hormonelle Beschwerden der Frau haben könnten. Die traditionelle Verwendung des Rotklees bei Beschwerden im Klimakterium ist gut dokumentiert, datieren lässt sie sich allerdings nicht genau.

Die Kraft der Isoflavone

Für die Wirkung gegen Beschwerden des Klimakteriums sind vor allem die enthaltenen Isoflavone verantwortlich. Zu nennen sind Formononetin, Biochanin, Daidzein und Genistein. Aufgrund der räumlichen Ähnlichkeit dieser Moleküle zum körpereigenen Hormon Estrogen werden diese als Phytoestrogene bezeichnet. Eine ähnliche Zusammensetzung wie Rotklee (Trifolium pratense) weist Soja (Glycine max) auf. Soja wird, wie Rotklee oder die Traubensilberkerze, bei Beschwerden aufgrund eines hormonellen Ungleichgewichts eingesetzt. Durch die hohe Konzentration an enthaltenen Flavonoiden sowie die Diversität der Flavonoidarten ist Rotklee ein äusserst potentes Mittel in der Therapie gegen diverse Beschwerden der Perimenopause und Menopause. Rotklee kann als ebenbürtige, einheimische Option oder Ergänzung zur Traubensilberkerze eingesetzt werden.

Modulierender Einfluss auf die Hormonbildung

Phytoestrogene, wie die Isoflavone aus Rotklee, binden spezifisch an die alpha- und beta- Estrogenrezeptoren an. Die Bindung an die beta-Rezeptoren ist dabei stärker ausgeprägt. Daher werden die im Rotklee enthaltenen Isoflavone als Phyto-SERMs (selektive Estrogen-Rezeptor-Modulatoren) bezeichnet. Sie lösen meist nur einen Teil der Estrogenwirkung aus. Ihre Affinität zum Rezeptor ist geringer als diejenige von Estradiol (gehört zu den Estrogenen), die Isoflavone liegen jedoch in einer höheren Konzentration als Estradiol vor.

Aufgrund dieser modulierenden Wirkung auf die Hormonrezeptoren kann eine Verbesserung der Beschwerden erzielt werden, die aufgrund hormoneller Veränderungen in den Wechseljahren auftreten. Diverse Studien belegen eine Wirksamkeit, insbesondere bei der Reduktion von Häufigkeit und Intensität der «Hot Flushes», also Hitzewallungen und Schweissausbrüche. Zudem wurde für Formononetin in Tierversuchen ein präventiver Effekt gegen Osteoporose nachgewiesen. Die Forscher äussern die Vermutung, dass dieser positive Effekt auf den Knochenerhalt auch beim Menschen auftreten könnte. Untersuchungen am Menschen fehlen derzeit noch.

Aufgrund des estrogenartigen Effekts von Rotklee wird von einem Einsatz bei Frauen mit Brustkrebs oder bei gehäuftem familiärem Auftreten des Mammakarzinoms in der europäischen Medizin abgeraten. Diese Einschränkung ist umstritten. So wird in der traditionelle chinesischen Medizin Trifolium pratense spezifisch bei Brustkrebs eingesetzt, und eine im Jahr 2014 veröffentliche Studie aus China weist dem im Rotklee enthaltenen Formononetin einen inhibitorischen Effekt auf Brustkrebszellen nach.

Möglichkeiten in der Drogerie

In der Drogerie stehen uns Rotkleeblüten in diversen Zerkleinerungsgraden zur Herstellung eines Infuses zur Verfügung. Aufgrund der nur leichten Wirkung ist diese Form vor allem als Adjuvans, beispielsweise in Teemischungen, anzuwenden. Ebenfalls ist die Urtinktur im Handel erhältlich und bietet insbesondere für Pflanzenmischungen eine wirkungsstarke Möglichkeit. Als Hauptmittel und bei stärkeren Beschwerden sind Fertigpräparate mit dem Trockenextrakt des Rotklees zu bevorzugen. Hochwertige Fertigpräparate sind auf einen klaren Gehalt an Isoflavonen standardisiert. Die therapeutische Dosis beträgt mindestens 50 mg Isoflavone pro Tag, die Therapiedauer beträgt drei bis sechs Monate mit einer anschliessenden zweimonatigen Einnahmepause.

Wenn Sie das nächste Mal den rötlichen Schimmer des blühenden Rotklees sehen, scheuen Sie sich also nicht, gleich einige Blütenköpfe mit nach Hause zu nehmen. Ein Hustentee, wie bereits beschrieben, wirkt hervorragend, und regionaler kann ein Arzneimittel nicht hergestellt werden.

Autoren: Stéphanie Brunnschweiler, Thomas Schneider
Redaktion: Lisa Heyl