Shiatsu

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1. Definition

Der japanische Begriff Shiatsu heisst wörtlich übersetzt «Finger-Druck». Shiatsu ist eine in Japan entwickelte Form der Körpertherapie, die aus der traditionellen chinesischen Massage (Tui-Na) hervorgegangen ist. Mit Druck auf die Akupunkturpunkte und entlang den Energiebahnen (Meridianen) wird die Körperenergie wieder ins Gleichgewicht gebracht und dadurch die Gesundheit gefördert.

2. Philosophie

Shiatsu basiert auf der traditionellen chinesischen Philosophie und Gesundheitslehre (TCM) und verknüpft diese mit westlichen Erkenntnissen der Gesundheitsförderung. Der Begriff Shiatsu wurde 1919 von Tenkei Tamai geprägt. Das Ziel von Shiatsu ist es, durch die Berührung des Körpers das physische, emotionale und geistige Wohlbefinden zu fördern und Möglichkeiten der Entfaltung und Entwicklung aufzuzeigen.

3. Plausibilität des Konzepts

Forschungsstudien zu Shiatsu sind sehr selten. Clifford Andrews berichtete im «Shiatsu Journal» 5 (Winter 94/95) über eine Befragung über die wahrgenommene Wirksamkeit von Shiatsu-Behandlungen. Insgesamt 196 Personen, die während rund zwei Jahren Shiatsu-Therapien besuchten, wurde ein Fragebogen zugeschickt. Die Ergebnisse der Studie beruhen auf Rückantworten von 44 Shiatsu-Kunden.

Als die am häufigsten behandelten gesundheitlichen Probleme wurden Stress (52%), Rückenprobleme (50%), Nackenprobleme (41%), geringe Energie (39 %), Schulterprobleme (36 %), emotionale Probleme (32%) und Verdauungsprobleme (25%) genannt.

Am meisten Wirkung erzielten die Behandlungen in den Bereichen allgemeine Gesundheit und Wohlbefinden, Knöchelprobleme, Kopfschmerzen, Gelenksprobleme, Ischias, Rückenleiden, emotionale Probleme, Schulterprobleme und Stress.
In der Einschätzung der Wirksamkeit wurde Shiatsu als sehr wirksam von 54%, als wirksam von 38%, als neutral von 3%, als nicht wirksam von 3% und als gar nicht wirksam von ebenfalls 3 % der Befragten angesehen.

4. Belege für die Wirksamkeit

Wissenschaftliche Vergleiche, wie man sie etwa von Blindstudien in anderen Bereichen her kennt, liegen bei Shiatsu keine vor. Grund dafür ist die individuelle Arbeitsweise und der in der Regel längere Behandlungszeitraum, wobei das Ergebnis von der Qualität der therapeutischen Beziehung und die Nachhaltigkeit auch von der Umsetzung von Übungen und Empfehlungen abhängig sind,

In einer Dreiländerstudie von Prof. Long von der Universität Leeds (Österreich, England, Spanien) mit 633 Teilnehmenden fand sich eine signifikante Verbesserung bei allen Beschwerden. Die größten Veränderungen ergaben sich bei Spannung und Stress, gefolgt von Problemen mit der Muskulatur, Gelenken oder Körperbereichen (inklusive Haltungsbeschwerden oder Rückenprobleme).

Eine französische Spitalstudie wies bei 16 PatientInnen nach, dass Shiatsu die Nebenwirkungen der Chemotherapie wie Geruch nach Chemikalien und Müdigkeit erheblich vermindert.

In einer österreichischen Studie mit 165 SpitalpatientInnen wurde nachgewiesen, dass Shiatsu sich positiv auf Beweglichkeit, Schlaf und Gemütszustand auswirkte.

5. Anwendung

Eine Mitgliederumfrage des Berufsverbands im 2003 ergab, dass Dreiviertel aller Behandlungen infolge von Beschwerden vorgenommen werden. Beweggründe für die Inanspruchnahme sind häufig körperliche Beschwerden in Verbindung mit seelischen Problemen. Für die Inanspruchnahme von Shiatsu ist typisch, dass es sich um chronische, lang anhaltende oder regelmässig wiederkehrende Beschwerdemuster handelt.

Shiatsu eignet sich für Menschen aller Altersstufen und kann vielfältig eingesetzt werden. Unter anderem wirkt es unterstützend bei: Stress, Rücken und Nackenschmerzen, Energieverlust, akuten und chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates, Störungen des vegetativen Nervensystems., Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Menstruationsbeschwerden, Verdauungsstörungen oder nach Unfällen und Operationen.

6. Selbstbehandlung

Shiatsu-Therapeutinnen geben ihren Kunden Anleitungen zu einfachen Körperübungen, die im Alltag problemlos umgesetzt werden können. Zudem werden sie zur Selbsthilfe angeleitet oder es werden Empfehlungen ausgesprochen, die den Kunden von Nutzen sind. Dies kann beispielsweise eine Empfehlung sein, sich vermehrt in die Natur zu begeben, häufigere Pausen einzuschalten etc.

7. Anwender und ihre Ausbildung

Die Shiatsu-Ausbildung dauert mindestens drei Jahre. Darin enthalten sind die vom Berufsverband geforderten 500 Stunden für die Methode Shiatsu sowie zusätzliche 150 Stunden medizinische Grundlagen. Ein verbandseigenes Fortbildungsreglement der Shiatsu Gesellschaft Schweiz kontrolliert die regelmässige Fortbildung der professionell tätigen Shiatsu-Therapeutinnen SGS.

Die Shiatsu Gesellschaft Schweiz wirkt als Berufsverband für professionell praktizierende Shiatsu-Therapeutinnen und Therapeuten. Die SGS wurde 1990 als politisch und konfessionell neutraler Verein gegründet. Sie zählt derzeit über 1100 aktive Mitglieder.

8. Behandlung und Ablauf

Eine Behandlung dauert in der Regel rund eine Stunde. Bei einer Erstkonsultation wird zunächst ein Vorgespräch zu den aktuellen Beschwerden durchgeführt. Diese Befunderhebung erfolgt zudem mit ersten Berührungen, die der Fachperson aufzeigen, wo Defizite oder allfällige Ungleichgewichte herrschen. Während der Therapiesitzung liegt die behandelte Person in bequemen Kleidern auf einer Matratze (Futon) auf dem Boden. Je nach Situation ist das Arbeiten auch im Sitzen oder auf einer Massageliege angezeigt. Zur Berührung setzt der Therapeut seinen ganzen Körper ein. Dabei arbeitet er weniger mit Muskelkraft als mit dem Körpergewicht. Während der Behandlung versucht er eine energetische Beziehung zum Patienten herzustellen (Energie hier im Sinne von Qi). Dies erlaubt ihm eine ganzheitliche Wahrnehmung des Kunden.

Behandelt wird entlang der verbindenden Meridiane. Ausserdem umfasst Shiatsu auch etliche Mobilisierungsübungen für den Körper. Die Behandlung passt sich der Situation des Patienten an und erfolgt in meditativer Stille. Dies erlaubt den Patienten «in sich hineinzuhorchen» und den Fachkräften, in aufmerksamer Verbindung mit dem Geschehen zu sein. Shiatsu wird so zu einer tiefen, vertrauensvollen Kommunikation ohne Worte und die Behandlung zur «berührenden Kunst». Trotz der Behandlung mit den Händen ist die nötige Abgrenzung zwischen dem Therapeuten und seinem Kunden gegeben. Da die Behandlung bekleidet erfolgt und die Berührungen klar und meist druckvoll sind, ist die persönliche Integrität des Patienten jederzeit gewährleistet.

Durch die therapeutische Begleitung verändern sich Energie-, Lebens- und Verhaltensmuster. So gelingt es den Patienten, ihre Gesundheit und Lebensqualität nachhaltig und selbstverantwortlich zu beeinflussen. Zu Beginn der Therapie ist eine Sitzung pro Woche am effektivsten.

9. Grenzen und Risiken

Nebenwirkungen oder Risiken sind keine bekannt. Bei schwerwiegenden körperlichen oder psychischen Problemen ist eine schulmedizinische Abklärung angezeigt. Besondere Umstände wie Schwangerschaft, chronische Krankheiten usw. werden vom Therapeuten berücksichtigt und die Therapie diesbezüglich angepasst.

10. Praktische Tipps

Leiden Sie gelegentlich unter Müdigkeit? Diese entsteht unter anderem, wenn die Nierenenergie nicht genügend zirkuliert, was besonders im Winter der Fall ist. Folgende Übungen bringen sie wieder in Fluss:

Die Nierengegend kräftig mit beiden Händen reiben, ebenso die Füsse, Fussgelenke und die Ohren – alle Zonen sind besonders mit der Nierenenergie verbunden.

Auch der erste Punkt des Nierenmeridians «Sprudelnder Quell» kann mit Daumendruck stimuliert werden. Er befindet sich in einer Vertiefung zwischen der zweiten und dritten Zehe auf der Fusssohle und an der Grenze zwischen dem erstem und zweiten Drittel der Fusslänge (ohne Zehen).

11. Zahlt die Krankenkasse?

Viele Krankenkassen leisten einen Beitrag an die Behandlungskosten im Rahmen ihrer Zusatzversicherungen, sofern Therapeuten anerkannt sind. Nähere Informationen erhalten Sie direkt bei Ihrer Krankenkasse.

Autor und Redaktion: Didier Buchmann