Bakterien im Haushalt

«Lappen sind grosse Keimfallen»

Unsere Umgebung ist nie klinisch rein. Das muss sie auch nicht sein. Doch wie viel Hygiene ist nötig? Interview mit einem Fachmann.

Wo lauern im Haushalt die meisten Bakterien? Kann ich mich auf dem WC eine Blasenentzündung holen? Wann soll ich meine Hände waschen? Hygieneexperte Professor Dr. med. Thomas Szucs* hat alle Antworten.

Herr Szucs, wo sind in einem durchschnittlichen Haushalt die meisten Keime?

Thomas Szucs: Im Haushalt sind Bakterien an vielen Orten zu finden. Die meisten tummeln sich aber nicht etwa im Bad, sondern in der Küche. Besonders grosse Keimfallen sind Abwaschlappen, Schneidebretter sowie der Kühlschrank. Aber auch andere Bereiche im Haushalt wie Bad, Türfallen, Zahnbürsten und Kopfkissen sind Bakteriensammler.

Wie oft soll ich den Putzlumpen und den Abwaschschwamm auswechseln?

Bakterien fühlen sich dort wohl, wo es eine angenehme Temperatur hat und schön feucht ist. Zudem ist der Putzlappen oder Abwaschschwamm auch noch ein wunderbares Übertragungsvehikel. Er nimmt Bakterien nicht nur auf und lagert sie, er gibt sie auch weiter. Darum empfehle ich dringend, Abwaschlappen so oft wie möglich zu wechseln und mit mindestens 60 Grad zu waschen. Noch besser ist es, Haushaltspapier zu verwenden, wie es auch in professionellen Küchen gehandhabt wird.

Muss der Geschirrspülmaschine extra geputzt werden?

Früher galten Geschirrspüler als sehr hygienisch. Heutzutage hat sich dies leider etwas gewandelt. Moderne Bakterien fühlen sich trotz heissem Wasser, Salzen, steigenden pH-Werten und Spülmittel in Spülmaschinen pudelwohl. Daher ist es wichtig, Geschirrspüler regelmässig gründlich mit Desinfektionsmittel zu reinigen.

*Professor Dr. med. Thomas Szucs

Extraordinarius am Institut für Pharmazeutische Medizin und Co-Direktor des Europäischen Zentrums für Pharmazeutische Medizin an der Universität Basel. Ausserdem ist er Mitglied des European Hygiene Councils, einem Zusammenschluss von Wissenschaftlern aus dem Bereich Hygiene aus ganz Europa.

Was muss ich beim Rüsten von Gemüse, Fisch oder Fleisch beachten?

Beim Rüsten gilt es darauf zu achten, dass man ein anderes Schneidebrettchen für Gemüse, Obst oder Salat verwendet als für Fisch oder Fleisch - vor allem, wenn die Sachen nachher roh gegessen oder nur leicht gegart werden. Fisch und Fleisch werden meist ausreichend gründlich gebraten oder gekocht, wodurch Mikroorganismen abgetötet werden. Dies ist bei Obst, Gemüse und Salat nicht immer der Fall. In den kleinen Ritzen, die vom Schneiden entstehen, setzen sich vielfach Bakterien ab, die beim Abwaschen nur teilweise rausgehen. Brettchen mit flacher Oberfläche wie beispielsweise Glas lassen sich zudem besser reinigen als Holzbrettchen, die oftmals kleine Ritzen haben, in denen sich Bakterien wohl fühlen.

Welche Keime sind am häufigsten?

Um bei den Lebensmitteln zu bleiben: Durch kontaminierte Lebensmittel können Bauchschmerzen, Erbrechen oder Durchfall verursacht werden. Die häufigsten Bakterien sind dabei E. coli Campylobacter jejuni und Salmonellen. Bei den Viren sind es vor allem die Noroviren.

Eine grundsätzliche Frage: Wie viel Hygiene ist nötig?

Hygieneroutine hilft, die Verbreitung der Bakterien einzudämmen. Händewaschen vor dem Essen oder Füttern der Kinder, dem Einsetzen von Kontaktlinsen oder der Einnahme von Medikamenten sollte zum selbstverständlichen Ritual gehören. Ebenso sollten die Hände nach dem Benutzen der Toilette oder dem Windeln wechseln, dem Umgang mit Haustieren, dem Kontakt mit Blut oder Körperflüssigkeiten, dem Husten, Niesen oder Schnäuzen sowie dem Kontakt mit verdorbenen Lebensmitteln gut mit Seife gewaschen werden. Dasselbe gilt auch vor und nach dem Umgang mit rohem Essen sowie der Pflege eines Kranken und generell immer dann, wenn die Hände schmutzig sind. Idealerweise verwenden Sie dafür eine antibakterielle Seife, damit die Bakterien und Viren auch wirklich entfernt und nicht einfach nur auf den Händen verrieben werden.

Wie wasche ich meine Hände denn richtig?

Im Idealfall benutzen Sie desinfizierende Handseife. Diese sollte mindestens 30 Sekunden gründlich verteilt und auch zwischen den Fingern verrieben werden. Danach abspülen.

Muss ich dafür warmes Wasser nehmen?

Die Wassertemperatur spielt eine untergeordnete Rolle. Waschen sollten Sie die Hände regelmässig, vor allem vor dem Essen und nachdem sie mit kontaminierten Oberflächen in Kontakt gekommen sind.

Was wäscht die Hände sauberer: Flüssigseife oder ein Stück Seife?

Bei einem Stück Seife laufen Sie Gefahr, dass sich bereits Bakterien an der Seife selbst befinden. Daher ist Flüssigseife sicher hygienischer. Ideal ist hier ein Seifenspender mit Berührungssensor.

Ist es sinnvoll, meine Hände neben dem normalen Waschen auch zu desinfizieren?

Mit einer desinfizierenden Handseife werden wesentlich mehr Bakterien von den Händen entfernt als mit «normalen» Seifen. Daher ist eine Handdesinfektion gerade in der Küche oder im Bad, aber auch nach der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln sehr ratsam.

Zum (öffentlichen) WC: Viele Frauen haben häufig Blasenentzündungen. Gibt es einen Zusammenhang mit unsauberen WC-Brillen?

Wie bereits erwähnt, mögen Bakterien warme und feuchte Umgebungen. Trockene WC-Brillen sind relativ risikoarm und eigentlich unbedenklich. Ein vorsorgliches Abwischen mit Toilettenpapier schadet sicher nicht.

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Ist also der Türgriff «gefährlicher» als die WC-Brille?

Meist ist tatsächlich der Türgriff gefährlicher, da die WC-Brille häufig besser gereinigt wird. Gerade auf öffentlichen WCs sollte man aber mit beiden Oberflächen vorsichtig umgehen und sich auf jeden Fall auch hier nachher gründlich die Hände waschen.

Mein Bürokollege hat sich im WC übergeben – kann ich die Toilette trotzdem noch benutzen?

In diesem Fall sollte man ein wenig aufpassen. Erbrechen hat ja verschiedene Ursachen und ist nicht unbedingt auf ein infektiöses Geschehen zurückzuführen. Es gelten die allgemeinen Hygieneregeln. Wenn aber plötzlich viele Leute Erbrechen und Durchfälle haben, kann ein Norovirus nicht ausgeschlossen werden. In diesem Fall sollten breitere Desinfektionsmassnahmen in Angriff genommen werden. Diese aber am besten nach Rücksprache mit dem Hausarzt.

Zum Schluss: Ihre drei ultimativen Hygiene-Tipps?

  • Gründliches und regelmässiges Händewaschen

  • Regelmässiges säubern und desinfizieren von Oberflächen

  • Glas- statt Holzschneidebrettchen

Autorin und Redaktion: Bettina Epper