So entsteht Schmerz

Ein Schnitt in den Finger: Das Hirn registriert den Schmerz in Sekundenbruchteilen. Über Schmerzrezeptoren auf der Haut leiten aufsteigende Nervenfasern das elektrische Signal via Rückenmark zum Gehirn, wo der Schmerz verarbeitet wird.

Schmerz ist eine nützliche, weil lebenserhaltende Reaktion auf alle äusseren und inneren schädlichen Reize. Vereinfacht gesagt: Je grösser der Schmerz, desto grösser die Gefahr. Für den Weg, den das Schmerzsignal von der Quelle, über das Rückenmark ins Gehirn zurücklegt, braucht er nur Sekundenbruchteile. Mehr als achtzig Prozent aller «peripheren» Nervenfasern im menschlichen Körper – ausserhalb von Gehirn und Rückenmark – gehören zum System der Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung. Nicht nur die Haut, auch die meisten inneren Gewebe und Organe werden von Schmerzrezeptoren (sogenannten Nozizeptoren), fein verzweigten Nervenendigungen, durchzogen. Sogenannte Nozizeptoren in der Haut reagieren auf Reize wie Hitze oder starke Druck- und Sticheinwirkungen. Elektrische Signale werden zum Gehirn weitergeleitet und lösen dort die Wahrnehmung «schmerzhaft» und auch «Achtung Gefahr!» aus.

Was ist wichtig, was nicht

Bevor diese Signale effektiv als Schmerz registriert werden, werden sie geprüft und gefiltert: Der Thalamus, der grösste Teil des Zwischenhirns, «sortiert» ankommende Reize aus. «Hier wird entschieden, welche Informationen ignoriert und welche bewusst wahrgenommen werden sollen», erklärt Peter Felleiter, Leitender Arzt Intensivmedizin am Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil (LU). Ob ein Nervenimpuls überhaupt unsere Aufmerksamkeit erregt, ist auch stark von der Situation, in der wir uns befinden, abhängig. «So schreckt uns ein Mückenstich an einem ruhigen Abend sofort auf, während wir ihn während eines Tennismatches nicht wahrnehmen würden», sagt der Arzt.

Der Thalamus arbeitet allerdings nicht alleine, er kommuniziert eng:

  • mit dem limbischen System, dem Ort im Gehirn, wo unsere Emotionen «verwaltet» werden,

  • und dem Hypothalamus, dem Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems.

Dieses erzeugt die körperlichen Auswirkungen von Schmerzen wie Anstieg von Blutdruck und Herzschlag, Schwitzen und anderen körperlichen Funktionen. Schliesslich gelangt die Schmerzwahrnehmung zum Gyrus postcentralis, einer für die Wahrnehmung von Berührungen spezialisierten Windung des Grosshirns. «Hier nun sind wir in der Lage, den Schmerzreiz zu lokalisieren», sagt Peter Felleiter. Schmerzreize lösen aber noch in verschiedenen anderen Hirnregionen Aktivität aus.

Warum die Hand vor der heissen Herdplatte zurückzuckt

Die schnellsten Schmerzfasern sind diejenigen, mit denen unser Organismus unwillkürliche Reflexe ausführt. Sie lassen uns die Hand blitzschnell von der heissen Herdplatte zurückziehen, noch bevor der Hitzeschmerz wahrgenommen wird. An diesem Reflexsystem sind dünne, markhaltige Fasern beteiligt. Deren Signale werden im Rückenmark – unter Umgehung des «Wahrnehmungsapparates» im Gehirn – auf motorische Nervenfasern umgeschaltet, die in Richtung Muskulatur verlaufen. Dort lösen sie die zurückzuckende Bewegung aus.

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Autorin: Claudia Merki
Redaktion: Katharina Rederer
Quelle
  • «Drogistenstern»